Samstags – alle treffen sich auf dem kleinen Markt

weil ich die frühen Erdbeeren kaufen möchte, gehe auch ich, wie ich später feststelle, alle anderen Evoranos, auf die zwei Marktzeilen. Hauptsächlich wird grünes Zeug angeboten, von dem ich das wenigste kenne. Daneben natürlich Unmassen von Zitronen und Orangen mit ihren sonnigen Faben gelb-Orange, Honig und Eier. An zwei Ständen entdecke ich Spargel und Erdbeeren. Oliven habe ich schon, denn auf dem Markt am Dienstag wollte ich „ein paar“ kaufen. Das endete mit 500 g für 1,50 € an denen ich jetzt wohl die nächsten Jahre essen werde.   

           Einiges ist bekannt wie Brunnenkresse, Rote Beete, die Kräuter, wobei Korriander eines der wichtigen Gewürze portugiesischer Küche ist, Spinat, aber was blüht gelb und wird gegessen?

Danach „muss“ es einen Kaffee geben. Im Café Chorizzo gegenüber sitzte ich kaum, schon kommt Ema mit einer ihrer Freundinnen und gesellt sich zu mir. Dann kommt noch Manuela, die immer Frierende, eine weitere Bekannte schaut nur schnell vorbei und wird ausgiebig begrüßt, der Nebentisch an dem inzwischen ca. Acht Personen sitzen gleichfalls. Wir plaudern so über dies und das bis die Beiden mit ihrer kleinen Tochter kommen, die die Organic Farm betreiben. Sie frühstücken hier. Weitere Bekannt und Freunde werden begrüßt, jeder kennt jeden in dieser kleinen Stadt,in der sie alle gern leben. Es wird Mittag, keiner hat es eilig, warum gehen, wenn es sich in der Sonne nett miteinander reden und Neues austauschen läßt?     

     Die lässige Marktrunde

Heute gibt es zum Kaffee zusätzlich eine kleine Zimtstange, mit der die Damen in ihrem Kaffee rühren. Eine kleine Geschmacksnuance zusätzlich. Die Damen mit verwöhntem Gaumen versichern, dass sie höchstens ein oder zwei Tassen Kaffee am Tag trinken, aber wie kommt dann der hohe Verbrauch in Portugal zu Stande?

Die älteren Damen haben ihre Wintermäntel und -Jacken an, pelzbesetzt, wenn sie das zeigen wollen und können, Touristen laufen in kurzen Hosen durch die Gegend, inWandersandalen und Socken. bleiben wir bei den Vorurteilen: es müssen Engländer oder Amerikaner sein, die so unpassend die Straßen erobern. Chinesische Gästr tragen gern ihren Mundschutz, obwohl die Luft hier gut ist. Inzwischen ist in China eine Modeindustrie drumherum entstanden, die Muster und Farbe des Mundschutzes aus die Kleidung abstimmt.

Aber noch fallen sie hier nicht so stark auf, nochnsind sie die Minderheit, auch wenn die Reiseanalyse der letzen beiden Jahre versichert, dass sie die Gäste der Zukunft sind und zwar massenhaft.

Den Markt selbst und die Kaffees in der Umgebung gehören weiter den Portugiesen, nur wenige Touris verirren sich auf den Platz des 1. Mai und die beiden hinter den Markthallen versteckten Marktstände örtlicher Bauern fallen kaum ins Auge. Da Grünzeug überwiegt, keine Nippes und Souveniers zu kaufen sind, ist das ja „langweilig“. Hatte ich schon berichtet, dass Eier in die Tüte gepackt werden, fast fertig für Rüherei, denn die Portugiesen bringen ihre Eierpackungen natürlich mit. Ich auch, inzwischen.

Was kommt? Lazy Sunday afternoon.

Die Vorlesung startet – vier verschiedene Anfangszeiten machen den Beginn schwer

Ich soll sprechen zum Thema sustainable Tourism, wozu auch sonst. Das ist ganz ok, darum bin ich ja hier und ich bin sehr interessiert dies für die Studies und die Profs zu tun.

Ich habe drei Mails bekommen. Sie avisieren als ersten Termin 14:30 Uhr, das war auch die persönliche Absprache, dann eine weitere Mail mit der Zeit 15:00 Uhr, eine weitere mit 18:00 Uhr. tatsächlichbeginnt das Seminar dann ungefähr um 15:20 Uhr. Warten lernen, eine der wichtigen Eigenschaften, die hier gebraucht werden.

Neben den Masterstudies von Rute kommen auch Studierende des Abschlusses Tourismus von Ema – Anthropologin – dazu, die ich heute kennenlerne. Sie unterrichtet im Studiengang Landschaftsarchitektur nur ein sehr kleines Teilmodul Tourismus mit 15 Semesterwochenstunden. Das heißt fünf Termine, von denen wir nun die letzten drei gemeinsam bestreiten wollen. Erstmals ist das Angebot einer echten Integration erfolgt.

Ich diskutiere mit ihr noch lange nach der „offiziellen“ Veranstaltung über Studieren in Portugal und Deutschland, über Unterschiede und Gemeinsamkeiten. Vor allem zeigt sich, dass es wie auch im Revier im Alentejo viele Studierende gibt, die aus sog. „bildungsfernen“ Schichten kommen und die oftmals auf Drängen und dem Wusch ihrer Eltern an die Hochschule gehen. Vielen fehlt, so die Einschätzung der portugiesischen Lehrenden, eine intrinsische Motivation – noch „brennen“ sie nicht für Landschaftsarchtektur. Dies zu vermitteln, zu wecken, ist nicht einfach.

Das Lehrkonzept des Moduls Landschaftsplanung im Masterstudiengang, in das ich einen kleinen Einblick bekommen konnte, ist ganz anders aufgebaut als bei uns. Die Studierenden bekommen abschnittsweise Aufgaben, die sie dann ebenso abschnittsweise bewältigt. Drei Abschnitte sind zu bewältigen. Was ich noch nicht beurteilen kann ist, ob die Studies diese drei Abschnitte am Ende in der Lage sind, miteinander zu verknüpfen. Noch bin ich der Meinung, dass ein geschlossenes Konzept besser verständlich ist. Ich warte ab.

Und es ist wie in good old Germany: in einer „fremden“ Sprache Fragen zu stellen, fällt allen Studierenden sehr schwer, auch direkte Fragen von mir werden nur zögerlich beantwortet. Da bin ich froh, dass die Erasmusstudierenden etwas mutiger sind.

Wie auch immer: internationaler Austausch ist super wichtig und muss unbedingt intensiviert werden. Mut und Lust machen durch Beispiele ist ein wichtiger Aspekt.

Heute in der Klasse – die zweite Zwischenpräsentation

Drei Gruppen stellen ihre Analyse des Planungsgebietes Borba, ein Städtchen Ca. 60 km östlich von Evora vor. Aufgabe war es die Planwerke von 1998 und 2008 zu vergleichen, daraus eine Synthese zu entwickeln – aber mit welchem Ziel? Das hat leider keine der drei Gruppen klar gemacht.

Sprachlose Impressionen – nicht nur wegen fehlendem Portugiesisch

13 Masterstudiende sind heute anwesend, das sind alle, die gerade studieren. Eigentlich geht es 17:00 Uhr los, gegen 17:30 Uhr wird der Beamer angeworfen. Drei Profs und ich sitzen in der ersten Reihe, die anderen irgendwo im Raum. Eine Sitzodnung, die alle gleichermaßen einbindet, gibt es nicht. In der letzten Reihe wird noch an den Präsentationen gearbeitet. Den anderen Gruppen und der anschließenden Korrektur durch die Lehrenden muss keine Aufmerksamkeit geschenkt werden. Nach der Präsentation der ersten Gruppe und einer durchaus massiven Kritik durch die Lehrenden verschwinden diese vier Studentinnen und das ist offensichtlich „üblich“, wenngleich die zweite Gruppe interessiert bis zum Schluss bleibt. Allerdings mussten sie auch die massivste Kritik einstecken.

Freundlicherweise machen die Profs ihre Anmerkungen auf Englisch, allerdings antworten die Studis bis auf zwei wiederum auf Portugiesisch, so entsteht ein wunderbares Sprachgewirr.

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Die Studies sind „am Start“ (Rohler, immer wieder, daher o.J.)

Bei der zweiten Vorstellung kocht der Pegel bei Izabel hoch, als sie feststellen muss, dass die Basics der Darstellung (vom wissenschaftlichem Arbeiten weit entfernt) einfach ignoriert werden. Die Karten haben weder Titel, Maßstab, nur manchmal eine Legende und einen Nordpfeil, Quellen gibt es keine und Jahrszahlen, Namen der Ersteller_innen Fehlanzeige. Folien voll mit Text und viel zu kleiner Schrift, werden abgelesen und Papierflieger entstehen aus den Notizen … Außerdem hat der Beamer eine Macke und macht die Mitte gelb, daran hat man sich offenbar gewöhnt, zumal die Leinwand ohnehin Falten schlägt – was sind wir doch für Pedanten.

IMG_1361Erinnerung: Masterstudierende 

Nunja, ich bin auf den weiteren Weg des Projektes gespannt, der nicht mit den Studies diskutiert, sondern offensichtlich „intern“ abgestimmt wird. Was die Studies weiter arbeiten sollen werden sie irgendwann später erfahren – ich vielleicht auch. Freitag werde ich „vorlesen“, bin sehr gespannt wie viele aushalten werden, denn sie wissen mal wieder nichts von ihrem Glück.

Stadtentwicklung, portugiesische Besonderheiten

Im 19. Jahrhundert gab es auch hier sozial bis sozialistisch orientierte Unternehmerfamilien, die neben den Produkten, die sie produzieren ließen, Sorge um das Wohl ihrer Arbeiter trugen. Und ähnlich, nur viel kleiner als die Arbeitersiedlungen im Ruhrgebiet, bauten sie Wohnsiedlungen mit ein oder zwei Straßenzügen. Kleine schmale Reihenhäuschen für die „einfachen Arbeiter“ und ein wenig größer und mit Terrasse für die Angestellten und Vorarbeiter. Die eigentlich als Wohnstraßen gebauten Freiräume, zum Spielen, sich treffen, was reparieren, sind heute mit Autos völlig zugestellt – anders als in Spanien – bleibt eine portugiesische Familie eher im Haus unter sich und „lebt“ nicht draußen. Heute sind diese ehemals modernen Siedlungen in Privatbesitz. Mieter wurden zu Eigentümern und je nach finanziellen Möglichkeiten sind die Häuser saniert oder verfallen.    

 Die Siedlung Villa Bertha, Lissabon bei einem Spaziergang mit Isabel 

 Sozialprojekt Goldener Stern eines Schokoladenfabrikanten

 Noch ist das Auto wichtiges Statussymbol witschaftlichen Aufstiegs. Lieber wird auf anderes verzichtet. Wer keines vor der Tür hat wird bedauert und gilt als arm – wie schade um die verschenkte „Lebensqualität“ finden wir Nordeuropäer

Seit ein paar Jahren ist es auch für Ausländer möglich Eigentum an Wohnungen oder Geschätslagen zu erwerben. Die Gebäude in den besseren Lagen, vor allem attraktive Villen, werden gesucht und haben Lissabon zu einer der teuersten Städte mit hohen Mieten gemacht. Gentrifizierung hat stattgefunden und findet weiter statt, so dass mehr und mehr Einheimische an den Stadtrand ziehen müssen und die Innenstadt dem Tourismus überlassen ist. Zumal in den letzten Jahren Lissabon ein Topziel ist, seit der östliche mediterrane Raum „unsicher“ ist wie lange nicht mehr. Vor allem fließt Geld aus arabischen Ländern nach Lissabon, die hier gern ihren Sommer verbringen. Die portugiesische Besonderheit: wer 1 Mio. € investiert, lebt danach acht Jahre steuerfrei. Ein nahezu legales Geldwäschemodell.

Vor zwei Jahren hat es im Winter vier Monate ununterbrochen geregnet. Dann ist die Stadt so gut wie tot, denn dann fehlen die Touristen und die Einwohner. Eine zweifelhafte Entwicklung.

Am Sonntag will mein Süßer mit mir Essen gehen – mitten in Graca an einem versteckten Ort in Lissabon

Nach einem ersten langen Spaziergang durch das Quartier Graca landen wir in einem Restaurant, an einer Kreuzung in die Ecke gequetscht mit Terrassen auf verschiedenen Etagen. Schon die Vielfalt der Tische, Stühle, Sonnenschirme und die Sitzordnung an den Tischen begeistert. Man sitzt nebeneinander, auch wenn man nur zu zweit ist, denn die Terrassen sind an einigen Stellen so schmal, dass nur Tisch und ein Stuhl Platz haben. Aber es stehen schöne Gläser, gefüllt mit weißen und orangenen Servietten auf dem Tisch und runden das Design des Hauses ordentlich ab. Da wir die ersten Mittagsgäste sind haben wir die Qual der Wahl und brauchen einige Zeit „den“ richtigen Tisch zu wählen. Und das machen wir auch erst nachdem geklärt ist, dass es 1. gegrillte Sardinen gibt und sie 2. frisch sind. Wir sitzen noch nicht lange – sozusagen als Animiergruppe – da strömen plötzlich weitere Gäste ins Resto. Das veranlasst Isabel zu weiteren Verhandlungen um Extrasardinen, denn wir beleben das Geschäft. Im Laufe der Zeit füllt sich der Laden mit den unterschiedlichsten Gästen: Touristen, die schon Mittags Whisky statt Wasser nehmen, Familien mit zappeligen Kinder, mehr oder weniger glücklich schauenden Paaren, die alle mit reichlichen Portionen abgefüllt werden. Immer mehr Tische werden hergezaubert, Stühle aus versteckten Ecken geholt und auf noch freien Plätzchen verteilt – wo immer möglich. Alle sollen und wollen versorgt werden. Das Personal rennt und rennt. der übergröße Grill, der den Innenraum des Resto beherrscht, feuert ununterbrochen. Allerdings nehmen wir von einem Toilettengang Abstand. Das ist nur was für Männer.

Als wir abschließend Kaffee bestellen, scheint auch das Geschirr knapp geworden zu sein. Wir jedenfalls haben jeder eine änder Tasse ohne passende Untertasse, aber mit viel Zucker und jeder hat seinen eigenen Löffel erhalten.
Wir würden immer wieder hingehen in diese perfekte Unperfektheit. 

 Die   wunderbare Tassensammlung zum Abschluss 

Die hellblauen pausbäckige Engel schwebend an die Wände gekachelt

    

Die kleinen Monster sehen dabei mehr oder weniger glücklich oder auch entsetzt aus, ist meist ja auch verdammt kalt in so einer Kirche oder im Palast, an den Häuserwänden sowieso

   Diese Engelein wohnen in Estremoz im Rathaus und in Evoras Kirchen

Auch hier hat die Sekularisierung ihren Preis gefordert. Viele der Wandbilder sind stark beschädigt worden, denn vielen kirchlichen Würdenträgern sind die Augen ausgeschlagen worden. Nicht so bei Jesus, Maria und den Engeln, dem heiligen Geist und den Jüngern. Alle andern, auch die abgebildeten Fürsten und sonstige Herrscher_innen müssten dran glauben. Heute finden wir das schade, zumal der Zahn der Zeit bei vielen Azulejos    ohnehin zum Abplatzen der Glasuren führt.   

 Irgendwo an Lissabons Hauswänden

Man kann natürlich alles neu machen lassen, die Künstler gibt es noch. Dann kostet das Stück Kachel zwischen zwei und fünf Euro, je nach Aufwand und Größe. Für so eine hohe Kirchenwand eine unbezahlbare Investition, vor allem in einem Land ohne Kirchensteuer und selbst mit: nicht zu finanzieren!

Schon gewusst?

Die Azueljos (al zulaij, arabisch) sind eine „Hinterlassenschaft“ der Mauren auf der iberischen Halbinsel, die über Jahrhunderte v.a. in Andalusien und in Portugal weiter entwickelt wurde. Erst wurden abstrakte Ornamente hergestellt, bis im 16. Jahrhundert die Majolika-Maltechnik bildhafte Darstellung zur Mode werden ließ. Natürlich zuallererst in Kirchen mit sakralen Darstellungen, dann beim Adel und auch bei reichen Bürgern, die sich ganze Wandteppiche aus Kacheln herstellen ließen.

Ermitage da Memoria, Capo Espichel, südlich von Lissabon 

Ich werde noch ein Plakat mit all meinen Lieblingskachelmotiven machen und später einfügen. Alles weitere im Museo National do Azulejo in Lisboa.

Literaturhinweis: Riolet ta Sabo und Jorge Nuno, Azulejos in Portugal. Fliesendekor in Palästen, Gärten und Kirchen. München 1998. 

 

Die billigen Fußleisten-Kacheln

Im vom Studenten bewohnten Palast in Evora, der hinter der Kathedrale, erfahren wir noch etwas neues über die Azulejos.

Die „Fußleisten“ Kacheln sind hier leider nicht zu sehen.

 
Die Wände eines Zimmers sind im unteren Teil mit den klassischen blauen Kacheln bedeckt. Die unterste Reihe ist von gleichem Blau, allerdings mit seltsam verschwommenen Mustern. Unser Führer klärt uns auf. Da die unteren Kacheln durch Besen, Feudel und heute Staubsauger häufig beschädigt werden, hat man dort nicht die teuren Kacheln genommen, sondern welche, die mit dem Malwasser der anderen Kachel und einem Schwamm eingefärbt wurden. Diese sind bei Beschädigung preiswerter zu ersetzen.

Prähistorisches liegt massenhaft um Evora in der Landschaft herum

Capella de S. Brissos – angebaut an ein altes Dolmengrab die ach so christliche Kirche, Aneignung ist alles.

Nr. 5 ist die oben gezeigt kleine Kirche mitten in der Pampa

Die Fundort rund um Evora Rund um Evora

Gruta do Escural wurde 1963 durch Zufall bei Sprengungen in einem Steinbruch entdeckt. Die Arbeiter stießen beim ersten Erkunden auf Schädel und Knochen und traten sofort die Flucht an. Die gruta ist eine der großen Tropfsteinhöhlen, die über die Jahrmillionen zunächst von Neandertalern und dann von Vertretern des homo sapiens bis in die Jungsteinzeit genutzt wurde. Ein heiliger Ort,  an dem man auch heute noch vieles Unentdeckte finden könnte. Wir, eine Gruppe aus Kanadiern, Engländern, Franzosen, aufdringlichen Holländern und Deutschen erlebt eine portugiesisch-englische Führung: „ok“?

Die Ritzungen und die Malerei in rotem Ocker und schwarzer Kohle sind fast verblasst oder über Jahrtausende von Stalagmiten überwachsen und brauchen jede Menge Interpretation und Phantasie. Bullen, Pferde und Menschen sollen malerisch verewigt sein. Dafür muss frau bestimmt Archeologin sein … Unsere Führerin schafft es bei jedem Bild, dass wir tatsächlich die Pferde, Stiere und Genitalien gezeichnet oder geritzt sehen. Bei einem zweiten Blick aber, ohne Lampe und Laserpointer könnten einem Zweifel kommen…

Da war auch schon bei den Steikreisen so. Auf einigen der Stelen sollen ja Gravuren sein. Lieder haben wir sie nicht gefunden. Erst als wir beim nächsten einsamen Megaliten in eine Privatführung gestolpert sind, durften wir den Haken (baculo) sehen – nur zu erkennen, wenn du das Gesicht auf den Stein legst und den Fingern des Führers mit den Augen folgst. Wie dem Laserpointer in der Höhle.

By the way,  die dicken Obelix-Steine beeindrucken immer wieder, auch wenn die spanische Jugend Null Respekt zeigt. Heilige Orte, besser schützen? Einzäunen? Wie ist die Lösung?

  

Cromeleque dos Almendres ohne und mit „Minivandalen“, Obelix ist leider nicht vorbei gekommen, um Ihnen eins auf die Birne zu glocken – im Hintergrund geschälte Korkeiche 2001

Tourismus – muss anders werden, wenn rural und Qualität stimmen sollen

 Auf dem Praca do Giraldo, Evora 

 Umweltfreundlicher Tourismus ist nicht einfach zu etablieren. Erst einmal ging und geht es um Geldverdienen. Insbesondere an der langen portugiesischen Atlantikküste haben sich Zentren des Massentourismus mit einer besonders hässlichen Architektur bis an den Sandstrand ausgebreitet. Es ist wie in vielen Regionen: Küstenstreifen mit Meer, Wasser und freinem Sand, dann die Autostraße, dahinter Bettenburgen, im Erdgeschoß dann Läden und Restaurants jeder Qualität, meist aber mit Imbißbudencharakter. Und Ostern voller Menschen, so dass sich Autoschlangen an den Spaziergängern vorbei drängen. Im Baedeker (in der Ausgabe von 2014) ist immer wieder von weißen, romantischen Fischerörtchen die Rede. Allerdings sind sie (manches Mal mit einem alten Kleisterst) nahezu verschwunden. Die Beschreibungen grenzen an Schönfärberei oder beschreiben einen Zustand von vor 35 Jahren als Portugal nach der Revolution als Reisedestination neu entdeckt wurde.

Bis auf eine sehr kleine und sehr abgelegene Bucht reihen sich von Norden nach Süden Strandzentrum an Bettenburg. Etwas beschaulicher geht es „noch“ an der Algarve zu. Hier wechselt eine eher angepasste maurisch-portugisische Architektur mit Bettenburgenzentren wie Faro, Lagos, Albufreira und andere mehr ab. Golfplatz reiht sich an Golfplatz, in einer Region mit nachgewiesener Wasserknappheit.

Ein paar romantische Ecken sind übrig geblieben, z.B. Tavira und ein paar versteckte Buchten in seiner Nähe oder Bragau an der Westspitze.

 

Turismo rural im Innern des Alentejo 

Im Landesinnern versuchen einige mit Rural Turismo oder Ecoturismo neue Qualitäten zu etablieren. So hat eine Vereinigung in einem fast verlassenen Dorf mit Hilfe von Spenden von 200 Interessierten 30 Häuser gekauft und sie nach und nach renoviert, bietet Wander-, Reit- und Radtouren an, hält Schafe und Esel, bestellt Gärten und Wiesen, verpflegt die Gäste in einem ansprechend renovierten alten Bauernhaus und hat so Arbeit für die Dorfbevölkerung schaffen können. Inzwischen sind einige wenige ehemalige Bewohner zurückgekommen. Auch sie renovieren ihre Häuser und bauen in ihren Gärten wieder Gemüse an. Zitronen und Organen gibt es ohnehin – wild.  

   EIne der einsamen Buchten südlich von Nazare, das Meer ist viel kälter als die Wärme Luft, so dass die gesamte Küste an diesem Tag im dunstigen Nebel versinkt und „kalt“ wirkt und 

   

 

Wilde, aufbrausende, schäumende See in Türkisblau auf der Halbinsel Peniche. Dreht man sich um, Bettenburgen 

„Das betriebsame Fischerstädtchen Peniche liegt auf einer felsigen Halbinsel …“ (Baedeker 2014: Portugal, S. 442), allerdings ist der vorrangige Eindruck Fischindustrie und Bettenburg … Erst auf den zweiten Blick oder gar den dritten erschließt sich vielleicht das Fischerstädtchen. Es lädt nicht zum Bleiben ein, trotz des wunderbaren Meeres.

An verschiedenen Hochschule und Schule kann Tourismus studiert werden. Die Qualität der Ausbildung und die Curricula kenne ich nicht. Diejenigen jungen Menschen, mit denen ich sprechen konnte, sprachen allerdings noch zu wenig Englisch, um tatsächlich aktiv touristisch tätig zu werden.

Dass der Urlaub und das touristische Angebot als Gesamtkunstwerk zu betrachten ist und seine sieben Bausteine alle gleichermaßen positiv gestaltet sein müssen, ist hier noch nicht (durchgängig) der Fall: Übernachten, Essen und Trinken (klappt zumeist), Infrastruktur (Hinweise sind zum Teil rudimentär und in der Regel informieren die Museen portugiesisch), Service (überaus freundlich und hilfsbereit, wenn auch zum Teil nicht ausreichend informiert und in fast jedem Ort eine Tourismusinformation), Ortsbild (siehe Bettenburg, aber natürlich gibt es sie, die weißen Städte und Dörfer, etwas abseits), Landschaft (viel, lieblich, eben Arkadien) und Verkehr (ein Autoreiseland, wenngleich man auch mit dem Bus und der Bahn viel erreichen kann, jedoch mit einem dünnen Fahrplan).

Da die Küste und der Süden vorrangig auf den Wirtschaftszweig Tourismus setzt und setzen muss (kaum Industrie, Fischfang und -verarbeitung an einigen wenigen Orten konzentriert, Weinbau), ist ein Entwicklungskonzept Tourismus (regional diversifiziert) wünschenswert. Ich konnte noch nicht ermitteln, ob es das gibt.

Und der Wein (der ja bekannt und beliebt ist) wird hier nicht wie in Frankreich, Deutschland oder Italien mit einer Degustation auf den Weingütern vertrieben. In den Städtchen gibt es gelegentlich einen Shop (der Kooperativen oder einzelner Güter), die ihren Wein anbieten. Jedoch ist eine Verkostung nicht obligatorisch – und wer kauft schon die Katze im Sack.

 

 

Korkeichen – everywhere

Quercus suber, buchengewächs, nicht winterhart, aber sonst super genügsam. Von einem Baum können 100 bis 200 kg Kork geerntet werden, allerdings nur alle 13 bis 15 Jahre. 

  Lichte Korkeichenhaine überall

Auf die Stämme der geernteten Bäume werden die Jahreszahlen der Ernte gemalt, damit der Stamm nicht wieder zu früh „verletzt“ wird. Klar, eigentlich für Flaschenkorken, heute aber für alles möglich mehr, wird der Kork verwendet. Schmuck, Fußboden, Wandverkleidungen, Isolierung und vieles, vieles mehr – vor allem für viel Kitsch.

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Verbreitungsgebiet rund ums Mittelmeer und ein ganz kleines Gebiet an der französischen Atlantikküste (wiki)

Diese wunderbar arkadischen Wälder der Kulturlandschaft sind zunehmend gefährdet, denn die Verwendung von Kork wird mehr und mehr durch andere Materialien ersetzt. Noch weiden Schafe und Rinder in den Wäldern und der dort typische Pardelluchs (sogar als Straßenschild) ist vom Aussterben bedroht. Er sieht ein wenig anders aus als die bei uns lebenden, dunkler und vielleicht weniger farbig – natürlich nicht zu entdecken.

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Das ist der Schöne, allerdings auch aus wiki …

„Die Korkeiche wächst als immergrüner Baum, der eine durchschnittliche Wuchshöhe von 10 bis 20 Metern oder in seltenen Fällen bis 25 Meter und Stammdurchmesser von 50 bis 90 Zentimeter erreicht. Er bildet eine dichte und asymmetrische, in einer Höhe von zwei bis drei Metern ansetzende Krone, die sich bei freistehenden Bäumen weit ausbreitet. Die Krone kann sich in mehrere voneinander abgesetzte, rundliche Teilkronen gliedern. Die jungen Zweige sind dicht hellgrau oder weißlich behaart. Ältere Äste sind kräftig und knotig. Ältere Bäume bilden nur noch kurze Triebe mit Längen zwischen 7 und 15 Zentimeter.“ (Wikipedia, abgerufen 5.4.2015) Sie können bis 400 Jahre alt werden, allerdings habe ich solche nicht gesehen.

Der Kork kann drei bis fünf Zentimeter dick werden. Nach der Ernte erscheint der Stamm in leuchtendem rotbraun.“ (Wikipedia, abgerufen 5.4.2015)

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Die geschälten Stämme mittelalter Eichen in lichten Wäldern