Stadtentwicklung, portugiesische Besonderheiten

Im 19. Jahrhundert gab es auch hier sozial bis sozialistisch orientierte Unternehmerfamilien, die neben den Produkten, die sie produzieren ließen, Sorge um das Wohl ihrer Arbeiter trugen. Und ähnlich, nur viel kleiner als die Arbeitersiedlungen im Ruhrgebiet, bauten sie Wohnsiedlungen mit ein oder zwei Straßenzügen. Kleine schmale Reihenhäuschen für die „einfachen Arbeiter“ und ein wenig größer und mit Terrasse für die Angestellten und Vorarbeiter. Die eigentlich als Wohnstraßen gebauten Freiräume, zum Spielen, sich treffen, was reparieren, sind heute mit Autos völlig zugestellt – anders als in Spanien – bleibt eine portugiesische Familie eher im Haus unter sich und „lebt“ nicht draußen. Heute sind diese ehemals modernen Siedlungen in Privatbesitz. Mieter wurden zu Eigentümern und je nach finanziellen Möglichkeiten sind die Häuser saniert oder verfallen.    

 Die Siedlung Villa Bertha, Lissabon bei einem Spaziergang mit Isabel 

 Sozialprojekt Goldener Stern eines Schokoladenfabrikanten

 Noch ist das Auto wichtiges Statussymbol witschaftlichen Aufstiegs. Lieber wird auf anderes verzichtet. Wer keines vor der Tür hat wird bedauert und gilt als arm – wie schade um die verschenkte „Lebensqualität“ finden wir Nordeuropäer

Seit ein paar Jahren ist es auch für Ausländer möglich Eigentum an Wohnungen oder Geschätslagen zu erwerben. Die Gebäude in den besseren Lagen, vor allem attraktive Villen, werden gesucht und haben Lissabon zu einer der teuersten Städte mit hohen Mieten gemacht. Gentrifizierung hat stattgefunden und findet weiter statt, so dass mehr und mehr Einheimische an den Stadtrand ziehen müssen und die Innenstadt dem Tourismus überlassen ist. Zumal in den letzten Jahren Lissabon ein Topziel ist, seit der östliche mediterrane Raum „unsicher“ ist wie lange nicht mehr. Vor allem fließt Geld aus arabischen Ländern nach Lissabon, die hier gern ihren Sommer verbringen. Die portugiesische Besonderheit: wer 1 Mio. € investiert, lebt danach acht Jahre steuerfrei. Ein nahezu legales Geldwäschemodell.

Vor zwei Jahren hat es im Winter vier Monate ununterbrochen geregnet. Dann ist die Stadt so gut wie tot, denn dann fehlen die Touristen und die Einwohner. Eine zweifelhafte Entwicklung.

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