Landesweiter Sportwettbewerb zwischen den Schulen – dieses Mal in Evora

aufmarsch, ein zu großes Wort, eher ein Schreiendes Treffen der Schulen, die sich an Lautstärke zu überbieten suchen, ihre „Schuluniform“ tragen und sich gegenseitig „anheizen“ und den Namen der Stadt rausschreien, aus der sie kommen. Alle treffen sich auf dem zentralen Platz und, gepuscht von einem „Marktschreier“ der die einzelnen Schulen aufruft, ziehen sie nach kurzer Sammlung in die „Arena“, um ihre Teams zu präsentieren. Aber es wird kein Gladiatorenkämpfe ausgetragen, auch wenn sich die sanierten Namen fast so anhören. Fühlt sich ein bißchen amerikanisch an, der Chearleader ist allerdings dick und unsportlich, aber laut genug mit seinem Micro, morgen, bei der Maidemo wird er keine Stimme mehr haben.

Er organisiert die Reihenfolge des Zuges, der fröhlich und eigentlich unorganisiert in Stadion hüpft. Zwischendurch machen die Mädchen die Jungen an, die Jungen schubsen die Mädchen vorwärts und Eltern sind begeistert von ihrem Nachwuchs. 

Grazien in langen Glitzerkleidern folgen dem Zug, einige Damen haben ein Minicocktailkleidchen an, ich meinen Kaschmirpullover. Wer schön sein will, muss frieren.

Morgen geht es also „heraus zum ersten Mai“. Der startet moderat: 10.30 erstmal Musik, dann Frühstück, wir würden vielleicht Frühschoppen sagen, 14.30 dann Manifestation im Park. Vermutlich werden viele im schönen Parkkaffee verschwinden, aber davon dann mehr. Ich werde zwar nix versehen, aber meine Solidarität ist ihnen gewiß, bei 34% Jugendarbeitslosigkeit gar keine Frage.

Was wohl gesungen wird? Denn gesungen wird in jedem Fall, das ist ganz portugiesisch. „Brüder (Schwestern) zur Sonne, zur Freiheit …“ wird’s wohl nicht sein.

 
Das ist das Team aus Porto … Who will be the winner …?

der sarrabulho

„… ich habe ihn eingeladen, sarrabulho zu essen. Herr Casimiro beeilte sich die Tür zu öffnen, und ließ uns den Vortritt. (…)

Der sarrabulho wurde auf einer dieser Platten aus braunem Steingut mit einem Relief aus gelben Blumen gebracht, wie man sie auf dem Markt kaufen kann. Auf den ersten Blick sah er widerwärtig aus. In der Mitte des Tellers schwammen die Kartoffeln in geblichenem Fett, und rundherum lagen das geschnetzelte Schweinefleisch und der Kittelfleck. Das Ganze war vollgesogen mit einer dunkelbraunen Sauce, die wahrscheinlich mit Wein oder gekochtem Blut zubereitet worden war, ich hatte keine Ahnung. So etwas esse ich zum ersten Mal, sagte ich, inzwischen kenne ich Portugal seit vielen Jahren, ich bin durch das ganze Land gereist, aber nie habe ich den Mut gefunden, dieses Gericht zu essen, … (…)

Ich spießte ein Stückchen Fleisch mit der Gabel auf und führte es mit beinahe geschlossenen Augen zum Mund. Es war köstlich, ein Gericht von erlesenem Geschmack. (…)

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der sarrabulho – sieht doch nicht so schlecht aus (internet, 29.4.2015)
… das wahre sarrabulho bereitet man in meinem Dorf mit Polenta zu, aber ich hatte heute kein Maismehl, deshalb habe ich Kartoffeln genommen, (…) hören Sie, man nimmt Schweinslende, Schweinefett, Schmalz, Schweineleber, Kittelfleck, eine Tasse gekochtes Blut, eine Knolle Knoblauch, ein Glas Weißwein, eine Zwiebel, Öl, Salz, Pfeffer, Kümmel. (…) das Fleisch am Abend davor vorbereiten, die Schweinslende in kleine, regelmäßige Stückchen schneiden und sie in dem gehackten Knoblauch, dem Wein, dem Salz, dem Pfeffer und dem Kümmel marinieren, dann haben Sie am nächsten Tag ein ganz zartes, duftendes Fleisch, in einem anderen Tontopf schneiden Sie das Fleisch des Blättermagens, beziehungsweise das Fett, das die Kutteln zusammenhält, und lassen es bei kleiner Flamme köcheln, während sie das Geschnetzelte im Schmalz bei großer Flamme anbraten und dann langsam dünsten lassen. Sobald das Fleisch fast durch ist, gießen Sie die Marinade vom Vorabend darüber und kochen sie ein. Inzwischen schneiden Sie die Kutteln und die Leber klein und braten sie im Schmalz an, bis sie schön goldgelb sind. In einer anderen Pfanne rösten Sie die gehackte Zwiebel in Öl und gießen die Tasse gekochtes Blut darüber. Dann verrühren Sie alles in einem Topf, und fertig ist der sarrabulho, wenn Sie möchten, können Sie auch noch etwas Kümmel dazutun, und das Beilage servieren Sie Kartoffeln, Polenta oder Reis, aber mir ist Polenta am liebsten, denn so macht man es in meinem Dorf, aber es ist kein Muß.“

(aus: Antonio Tabucchi, Lissaboner Requiem, München 1991: 41 ff.)

Erlebniszentrum Hauptpost – das Begegnungszentrum: durch lange Wartezeiten Gemeinschaftgefühl schaffen

Ziehe eine Nummer und stelle fest, dass du noch sehr lange nicht dran bist.

Schau dich um, zuerst alle Auslagen betrachten, Kinderspiele, Bücher, Briefmarken, Reiseangebote, CD’s portugiesischer Musik und auch Briefumschläge, dünne, dicke, Päcken und Pakete Keramik und Evora-Kitsch.

Jetzt feststellen, dass alle Sitzplätze besetzt sind und einige Postkunden schon eingeschlafen sind.

Der Blick an die Schalter zeigt, drei von fünf sind besetzt, und bisher wurde noch kein neuer Kunde aufgerufen.

Zeit für Beobachtungen.

Die Pakete, die versandt werden wollen, z.B. das Zeug von Zalando oder anderen Internet-Läden, was zurück muss, wird mit dem Postmann gemeinsam in dem Pappkarton verstaut. Er klebt ihn auch eigenhändig zu und dann wird der Paketaufkleber ausgefüllt. Alles am Schalter.

Ein alter Herr, der ganz überzeugt ist von sich und seiner Schönheit versucht sich mal schnell dazwischen zu mogeln, er hätte doch nur einen dicken Brief. Die Dame hinter dem Schalter weißt ihn brüsk zurück, immerhin, so dass er erstmal zum Rauchen verschwindet.

Ein verliebtes Paar geht gemeinsam eine Briefmarke für einen großen Brief kaufen und nutzen die Zeit zum Schmusen.

Kinder rennen im Kreis und spielen Fangen.

Eine der Postfrauen macht am Tresen eine Massensendung fertig und ist somit absorbiert.

Jedes abgefertigte Paket wird vom jeweiligen Mitarbeiter in den Nebenraum gebracht, eine gute Gelegenheit, ein kleines Schwätzchen hinter den Türen zu halten.

Aber zusätzliche Schwätzchen gibt es natürlich auch mit den Bekannten vor dem Tresen Warum auch nicht, die neuesten Informationen müssen ausgetauscht werden.

Eine Dame muss ihren Strafzettel für falsches Parken bei der Post einzahlen, geht übrigens nicht anders. Das bedeutet doppelten Schreibkram für den Postler, der muss ja auch noch die Mitteilung für die Polizei fertig machen.

Was sonst noch alles bezahlt wird, entzieht sich meiner Kenntnis. Vermutlich die Wasser- oder Stromrechnung, Grund- oder andere Steuern, wer weiß. Das war ja auch bis vor kurzem in Spanien üblich. Ob es für das Telefon ein Abbuchungssystem gibt?

Aber so richtig erstaunt sein muss man nicht sein, schließlich reitet die Post auf ihrem Sybohl noch immer hoch zu Roß und bläst Trompete – hat die ein eingebautes wifi?


Hoch zu Ross ganz ohne Peitsche, wie soll dass schnell gehen?

Ich kaufe gleich sechs Briefmarken, das geht sehr gut auf Englisch. Ich will nicht so schnell wieder anstehen müssen!

Und ich habe schon zwei Mal Post bekommen, nachdem ich meinen Namen an die Tür geklebt habe. Nach zehn Tagen war sie dann schon da. Wie die anderen in der Straße Post bekommen, weiß ich nicht. Namensschilder gibt es nicht, Klingeln übrigens auch nicht, sondern gute alte Türklopfer.

Palmensterben im Alentejo – wie auch in Italien, Spanien, auf den und Kanaren und Balearen – in Portugal auch

Alte Palmenhaine und –alleen, straßenbegleitende Palmem sind auch im Alentejo inzwischen zu einem erheblichen Teil schwer geschädigt und sterben ab. Verantwortlich ist der Palmenrüssler (Rhynchophorus ferrugineus) (waldwissen.net, 27.4.20159 aus Südostasien. Seit 1994 ist er in Spanien eingeschleppt und breitet sich überall in der gesamten Mittelmeerregion aus. 

Im Botanischen Garten in Lissabon 2013

Diese invasive Art – ein großer, rot gefärbter Käfer legt seine Eier in der Palme ab. Die wachsenden Larven (bis 50 mm groß) frist von Beginn Richtung Palmenmitte und zerstört dabei den Vegetationskegel, das „Palmenherz“. Dann stirbt die befallene Palme ab. Ihre Wedel werden von der Mitte aus gelb und gehen nach und nach ein – bis die gesamte Krone schon nach wenigen Wochen braun und abgestorben ist.


Palmenrüssler (Rhynchophorus ferrugineus) aus Waldwissen.net, 27.4.2015

„Die Art ist bekannt für ihre extrem variable Färbung und weist ausgeprägte Farbmorphen auf, die früher teilweise als eigene Arten angesehen worden waren. So gibt es Populationen, deren Tiere überwiegend schwarz gefärbt sind und die nur einen auffallenden, leuchtend roten Längsstreifen auf dem Halsschild tragen.

Die Larven, die Sagowürmer genannt werden, haben einen cremefarbenen, prallen Körper mit feingezahnten Querrillen und einen kleinen, hartschaligen und kastanienbraunen Kopf. Bei näherer Betrachtung sind am Körper feine Härchen zu erkennen. Die Jugendstadien des Palmrüsslers sind an Palmen gebunden. Das Weibchen legt seine bis zu 300 Eier einzeln oder in kleinen Gelegen in Spalten oder selbst ausgefressenen Hohlräumen in der Palme ab. Nach 2 bis 5 Tagen schlüpfen die Larven. Sie fressen sich durch das Gewebe, bis in den Wachstumskegel an der Stammspitze im Bereich des Blattansatzes. Andere Teile der Pflanze, z.B. Blätter, faserige oder verholzte Stammabschnitte, werden nicht dauerhaft befallen. Das Larvenstadium dauert ein bis drei Monate; die Larve häutet sich dabei sieben bis zwölfmal. Anschließend verpuppt sie sich in einer langgestreckt ovalen und aus Pflanzenfasern bestehenden Puppenkammer. Nach 14 bis 21 Tagen Puppenruhe schlüpfen dann die adulten Käfer (Imagines). Sie sind beinahe ganzjährig anzutreffen, in den gemäßigten Breiten verbleiben sie allerdings oft bis zum Frühjahr in der Puppenkammer.

Der Befall ist in den frühen Stadien äußerlich nicht erkennbar. Sobald Symptome zu sehen sind, ist der Baum in der Regel bereits rettungslos verloren. Zum Ende eines Befalls sterben die Blattwedel ab, der vollkommen aufgebrauchte und zerstörte Wachstumskelgel kann keine neuen Blätter mehr ausgebilden.“ (wikipedia, 27.4.2015)

 

Geöffnete Puppenwiegen mit aus den Puppen gehäuteten erwachsenen Käfern (wikipedia, 27.4.2015)

 Der Befall ist am Anfang kaum festzustellen. Zudem gibt es momentan noch keine direkte Bekämpfungsmaßnahme gegen das Insekt. Bisher behilft man sich mit der Kontrolle und Entnahme befallener Palmen. Zu diesem Zweck hört man die Palmen mit speziellen Mikrophonen ab, um Nagegeräusche der fressenden Larven zu entdecken. Befallene Pflanzen werden dann gefällt und verbrannt.

Ob eine Anwendung von Viren, die bei der Bekämpfung des Indischen Nashornkäfers zum Erfolg führten oder der Einsatz von langfristig wirkenden Pheromonen eine befriedigende Wirkung zeigen, ist noch unklar. Unerlässlich ist die Kontrolle bei Aus- und Einfuhr von Palmen aus nordafrikanischen Baumschulbetrieben, von denen die Pflanzen aus Kostengründen oft in Gartenbaubetriebe am nördlichen Mittelmeer importiert werden. Eine vollständige Entfernung dieses neuen, invasiven Schädlings wird trotz Gegenmaßnahmen aber nicht mehr möglich sein.“ (Waldwissen.net, 27.4.2015)

Inzwischen scheint es ein chemisches Gift zu geben, um dem Palmenrüssler zu Leibe zu rücken. Die Anwendung eines Pestizidcocktails auf Emamectin-Basis zur Bekämpfung des Palmrüsslers soll helfen, den gefürchteten Schädling zu vertreiben. Wegen ihrer Bienengiftigkeit ist  der Einsatz der verwendeten Giftstoffe von der EU stark eingeschränkt oder ganz verboten worden. Feldversuche mit dem Gemisch haben sich als effektiv erwiesen (Valencias Landwirtschaftsbehörde). Für jeweilige Anwendungen sind Genehmigungen der zuständigen Behörden einzuholen, da der Einsatz von Pestiziden EU-weit geregelt ist und nur unter besonderen Umständen die Verwendung eines an sich verbotenen Wirkstoffes erlauben wird, wenn wie hier eine drohende Plage nicht mit weniger gefährlichen Mitteln bekämpft werden kann.

Eine solche Maßnahme ist in der Regel auf einen Zeitraum von maximal 120 Tagen beschränkt. Die Verwendung solcher Mittel darf nur durch Fachleute und unter Aufsicht der Landesbehörde erfolgen. 

Um das Schreckgespenst des Palmrüsslers endgültig zu vertreiben, wird eine kurzfristige Sondergenehmigung jedoch kaum ausreichen. 

Befallene oder gefährdete Palmen sollten ein Mal im Jahr mit dem Giftcocktail gespritzt werden. Umweltschutzverbände sind mit solchen Argumenten nicht zu besänftigen. Der Palmrüssler sei mit biologischen, für die Umwelt ungefährlichen Mitteln, vor allem aber „mit einer systematischen Kontrolle aller Palmen zu bekämpfen“, sagte ein Sprecher von Ecologistas en Acción. Man habe es satt, befallene Palmen zu sehen, die monatelang nicht entfernt würden. Mehr Leute für das Versprühen von Pestiziden einzusetzen, sei reine Augenwischerei. (Vgl. Elche – af, 27.4.2015)

Architecture is open for Improvisation

ist das Ausstellungskonzept des Forum Eugenio de Almeida „O Museu a Haver – The Coming Museum“ , einzige und überraschend moderne Ausstellung im Weltkulturerbe Evora. verändern, mit gestalten, Teilhabe ausdrücklich erwünscht und ein Beitrag zur Planung, die „man“ nach Ansicht von  Yona Friedman besser läßt und alle Verständigung und gesellschaftliches Zusammensein

1. auf die Straße verlagert und

2. ins web. Dann wird es besser „auf Erden und den Menschen ein Wohlgefallen“.


Alltägliches als Installation – Eingriff im öffentlichen Raum oder lediglich Annimation für den raren Museumsbesuch?

Nur auf den ersten Blick eine bessere Alternative, wenngleich wir ganz sicher eine Alternative zum heutigen Umgang mit der Natur und ihren Ressourcen brauen. Hier also die Ideen von Lady Friedman:

  
                
  

            

  
          


      

   

25. April – vor 41 Jahren

Ihren Namen hat die Revolution von dem Symbol der portugiesischen Streitkräfte: die rote Nelke (Wissen.de, 25.4.15)

Am 25. April 1974 stürzten linksliberale Militärs, die ‚Bewegung der Streitkräfte‘ (MFA) die portugiesische Diktatur und beendeten die seit 1933 existierende und von Salazar gründet Schreckensherrschaft. Die Nelkenrevolution machte den Weg frei für soziale und wirtschaftliche Veränderungen im Land. Insbesondere kam es im Alentejo zu einer gravierenden Bodenreform, die aus ehemaligen abhängigen Bauern, die noch fast als Leibeigene lebten, freie Bauern. Das portugiesische Volk hatte fast 50 Jahre lang von der übrigen Welt nahezu abgeschnitten gelebt, was sich nicht nur im Bildungs- und Sozialsystem zeigte, sondern auch in der Wirtschaft insgesamt. So war die Landwirtschaft auf einem rückständigen Stand, Pflügen mit dem Ochsen- oder Eselsgespann die Regel. Auch die großen Hazienda-Besitzer wirtschafteten – besser ließen wirtschaften – mit einfachsten Mitteln. Die kleinbäuerlichen Wirtschaften produzierten für den Eigengebrauch, meist konnten die Menschen weder lesen noch schreiben. Ein vorsorgendes ‚intaktes‘ Gesundheitssystem war unbekannt. 

„Die MFA wollte nach dem Sturz des faschistischen Regimes die Politik zunächst nach sozialistischen Grundzügen gestalten. Die einschneidendsten Veränderungen bestanden in der Verstaatlichung größerer Wirtschaftsunternehmen und der Enteignung des Großgrundbesitzes.“ (Wissen.de, 25.4.15)


Es war genau 0:30 Uhr als im Radio Renascença das Lied Grândola, Vila Morena von José Afonso ertönte. Das Lied stand für das Ende der konservativ-autoritären Diktatur unter Salazar und Caetano. Dennoch war unklar in welche Richtung sich das Land entwickeln sollte. Die erste Regierung, bestehend aus der linksgerichteten MFA und der kommunistischen Partei PCP, verabschiedete eine Verfaaung mit sozialistischen Grundprinzip. Dazu gehörte die Verstaatlichung vieler Unternehmen. Diese sozialistische Regierung hielt nicht lang. Das Land war sofort mit einer gravierenden Wirtschaftskrise konfrontiert, die keinen Spielraum für eine sozialistische Wirtschaftspolitik ließ. Zum einen verließen die Reichen, die in der Diktatur profitiert hatten, das Land, da sie sich ihr Vermögen nicht enteignen lassen wollten. Zudem hatten die langen Kolonialkriege (Angola, Mosambik) Portugal „ausgeblutet“. Portugal brauchte dringend Kredite, die die GeldgeberInnen einer Regierung mit kommunistischer Leitung nicht gewähren wollten.

Die  Bevölkerung hatte Angst vor der Instabilität und der Wiederkehr einer autoritären Diktatur. Somit kam es bei den Parlamentswahlen 1976 zu Mehrheiten der Sozialdemokratischen Partei PS und den konservativen Parteien PSD und CDS-PP. Der erste frei gewählte Ministerpräsident Mario Soares wollte vor allem Stabilität für Portugal, das er der NATO anschloss. Frieden und Stabilität hatten erste Priorität. 

Viele hofften darauf, dass es möglich sei könnte einen demokratischen Sozialismus aufzubauen und hofften auf die Unterstützung, zumindest aber auf die Duldung durch die USA, damit Portugal nicht unter den Einfluss der Sowjetunion geraten. 

Kredite aber wollte man Portugal nur gewähren, wenn es eine neoliberale Wirtschaftspolitik verfolgen würde. Portugal selbst hoffte wohl auf eine gewisse Stabilisierung, um später eine sozialistische Richtung einschlagen zu können.

Die Entwicklung war eine Andere. Die kapitalistischen Wirtschaftsmaßnahmen waren besonders in den 80er und 90er Jahren erfolgreich, es kam zu hohem Wirtschaftswachstum und zu steigendem Wohlstand in der Bevölkerung. Die zu der Zeit agierenden Regierungen (mit ständigem Wechsel zwischen PS, PSD und CDS-PP) entschieden aus Portugal ein Billiglohnland zu machen, das stark vom Export abhängig ist und somit attraktiv für ausländische Investoren. Zudem wurden große Teile der Unternehmen wieder privatisiert. Neben der neoliberalen Wirtschaftspolitik kam es nebenbei zur Annullierung sozialistischer Gesellschaftsvorstellungen, die in der Verfassung verankert waren.

Da der wachsende Wohlstand und die politische Stabilität keinen Grund zum Protest gab, konnte dieser Kurs problemlos weiter verfolgt werden.

Diese wirtschaftspolitische Ausrichtung hat sich in den letzten Jahren stark gerächt. Die EU-Osterweiterung und die Abwanderung ausländischer Investoren in noch „billigere“ Staaten haben Portugal in eine tiefe Wirtschaftskrise gestützt, da außerdem die Einführung des Euros die eigene Währung stark geschwächt hat.

Gebeutelt von einer hohen Arbeitslosigkeit und den härtesten Sparmaßnahmen seit 45 Jahren herrscht Unmut. Proteste richten sich hauptsächlich gegen die Austeritätspolitik der Troika. Beorderst betroffen ist die junge Bevölkerung. Das bei uns eher unbekannte Netzwerk „Que Se Lixe a Troika! Queremos as Nossas Vidas!“ schafft es Hunderttausende auf die Straße zu bewegen. 

Obwohl ein Hauch „Nelkenrevolution“ zu spüren ist, fehlt es an starken Netzwerken, die längerfristig sich gegen den Kampf der neoliberalen Politik organisieren. Daher haben die Demonstrationen bisher keinen starken politischen Charakter und dienen eher dazu um den Frust abzulassen. Auch das Wahlverhalten der Portugiesen führt dazu, das es keine große linke Opposition existiert. Bei den letzten Parlamentswahlen kamen die Kommunisten und der Linksblock gemeinsam auf nur ca. 13%.

Weiterhin ist es schwer absehbar, ob neue soziale Bewegungen entstehen und ob sie nachhaltig sind.

Dennoch ist es allgemein schwer vorhersehbar ob neue soziale Bewegungen entstehen und wie nachhaltig sie sind. Die Unzufriedenheit gegenüber den andauernden Sparmaßnahmen ist zum größten Teil in der Bevölkerung vorhanden. Somit kann jede weitere Reform zu Ungunsten der Bevölkerung der Tropfen sein, der das Fass zum Überlaufen bringt.“ (André Arauro Soares, 40 Jahre Nelkenrevolution – ein Rückblick, veröffentlich im FREITAG, 25.4.2014, stärker verändert)

Heute ist von revolutionärer Aufbruchstimmung nichts mehr oder fast nichts mehr zu spüren. Die Krise Portugals hat den bis dahin möglichen Aufstieg und die Aufstiegschancen der kaum entstandenen Mittelschicht zunichte gemacht. Die Jugendarbeitslosigkeit ist hoch (34,5% im November 2014), die Perspektiven sind auch für gut Ausgebildete gering. Viele der Kinder, die studieren konnten, sind gezwungen ihr Land zu verlassen, vorzugsweise in Richtung Brasilien. Viele aber können dies nicht, denn sie tragen die Verantwortung für ihre Eltern, manches Mal auch für die Großeltern, deren Renten zum Leben häufig nicht ausreichen. Und wenn sie gar arbeitslos gewesen oder geworden sind, hilft hier keine staatliche Sicherung.

Dennoch ist eines der Prinzipien möglichst lange den erreichten sozialen Status nach außen aufrecht zu erhalten. Ein Auto muss sein (auf dem Land tatsächlich unerlässlich), die Kinder aus dem Ei gepellt mit den neuesten Sachen, die Studiengebühren oft als Kredit. 

Und eine sozialistische Perspektive gibt es derzeit auch hier nicht. Wahlen stehen vor der Tür, die Portugiesen scheinen ein duldsames Volk zu sein. Böse Zungen behaupten, die Jungen würden unter 25. Abril die große Brücke über den Tejo in Lissabon kennen und sonst nichts.

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Auch: Ismail Küpeli 2013: Nelkenrevolution reloaded? Krise und soziale Kämpfe in Portugal, Edition assemblage, Münster.


Gewürze – eine Nebensache in der portugiesischen Küche

die Entdecker der Welt, auch der Gewüzwelt mit ihren maurischen Wurzeln, was nutzen Sie heute in der ländlich, bäuerlichen Küche, womit würzen sie denn?

Fast nicht!

Und das, wo es doch alles zu kaufen gibt. Selbst ist eine selten verwendete Kostbarkeit, geht man nicht „vornehm“ essen oder nimmt Platz in einem einfachen Restaurant auf dem Land. Das war der Picknickkorb der maurischen Teezeremonie schon viel besser ausgestattet. Eine ganze Leiste unterschiedlicher Aromen stand zur Verfügung, um dem Tee den „richtigen“ Geschmck zu verleihen.    Der maurische Teekorb für die Reise mit acht verschiedenen Gewürzen im Museo Islamico in Mertola

Was wird genutzt? Natürlich Knoblauch, auch Korriander und natürlich Olivenöl. Auf dem Markt gibt es eine Ölmischung Piri Piri, die ich noch nie an einem Essen bemerkt habe. Vielleicht ein wenig Salz, aber das mehr als sparsam.  Ein paar grüne Kräuter werden auf dem Markt verkauft, Thymian, Rosmarin, Oregano, Petersilie und Lavendel. Alle anderen Gewürze gibt es in den Mini Market’s, aber dort bleiben sie offensichtlich. Insgesamt eine „sehr gesunde“ Küche.

 
Melisse, Schnittlauch und Dill ist auch noch dabei!

Dafür gibt es eine Menge unterschiedlicher dicke Bohnen, die neben Kartoffeln und Kohlsorten die wichtige Grundlage portugiesischer Gerichte. Natürlich gibt es auch die „feine Küche“, allerdings ist das nach meiner bisherigen Kenntnis nicht die Regel. 

 Bohnensuppe

Die Wallfahrtskirche Nossa Senhora d’Aires

in der Pamap zwischen Viana do Alentejo und Alvito steht die barocke Kirche. Keine Menschenseele treibt sich herum, zumindest auf den ersten Blick. Das Auto unter den Schatten eines Baumes geparkt, ausgestiegen und wir werden eines Besseren belehrt. Eine Madame mit grimmigem Blick hat unser Kommen genau beobachtet und sie schleißt wortlos mit einem alten Schlüssel die Kirche auf, verschwindet ebenso kommentarlos in ihrem Haus und lässt uns mit aller katholischen Pracht allein.  Die barocke Kirche auf dem flachen Lande östlich Nossa Senhora d’Aires, jedes Jahr im September findet diiiiie Wallfahrt zum Marienbildnis statt, Tausende werden kommen. Ende April gibt es ein Spektakel zu Pferd, für das ebenfalls schon Ungezählte Parkplätze bereit stehen.

Imposanter als in Altötting und dort ist es schon ‚unglaublich‘, geraten wir in einen Nebenraum, in einen weiteren und noch einen weiteren, der den Chohr der Kirche umgürtet. Alle Wände hinauf bis unter die Decke und hinunter bis zum Boden sind behängt, geschmückt, verkleidet mit Votivbildern, die den besonderen Segen dieser Maria erflehen. Die ältesten Bilder, die wir entdecken, stammen aus dem 18. Jahrhundert, die jüngsten sind wenige Wochen alt. Neben Bildern werden Votivgaben aus Wachs geopfert, deren Gabe auf beßtimmte Leiden und Wünsche fokussieren. 


    
Sie helfen bestimmt und die Wünsche werden erhört: verschiedene Voitvgaben, gesammelt aus zwei Jahrhunderten 

Schwankend zwischen Erfurcht, Bewunderung und Grusel verlaufen wir uns in den Opfergängen und wollen dann doch schnell an die „frische Luft“ zurück.

Die kirchenbewacherin hat da genau im Blick. Als wir nach einem Rundgang im NiemAndsland zwischen Nirgendwo und Nichts, zwischen Parkplätzen und Zelten für Tausende, die am kommenden Wochenende erwartet werden, ins Auto steigen, steckt sie ihren Kopf aus der Tür. Siebter Sinn? Wir verabschieden uns rasch …

Mertola – ein maurisch anmutendes Bergstädtchen schon fast in Spanien

Zwei Tage in dem Bergstädtchen, in dem schon die Römer gebaut haben, wie immer eine Festung, dann die Mauren 500 Jahre herrschten und ihre Stadt formten, dann die Christen kamen und blieben, ist heute zwischen den zwei Flüssen Rio Guadiana und dem Oeira, der dort auch indem Rio Guadiana mündet, gelegen ein stilles Bergstädtchen und dennoch Zentrum der Region. Heute liegt es am westlichen Rand des Parque National Do Vale Do Guadiana, der mit lieblicher und schroffer, wasserreichen Landschaft zum Wandern, Baden, Mountainbyken oder Reiten ein. 

  
   

Stadtimpressionen und die Kirche, eine umgebaute Moschee mit quadratischem Grundriss und einem Kreuzrippenhimmel, der auf den alten maurischen Säulen ruht

Die ehemalige Moschee ist umgebaut zur Kirche, noch immer mit Gebetsnische, das Castel kam später hinzu und die römische Stadt wird seit 30 Jahren ausgegraben. Ein kleines, sehr schönes Museum zeigt die Höhe Kunstfertigkeit der Mauren. Ein Beiheft erläutert die Fundstück. Als Symbol rennt ein maurischer Hund um einige Hausecken, die aktuellen Kläffer machen ihr Konzert dazu.

  
   Eleganter, moderner und dynamischer geht es auch heute nicht – die Fabelwesen der alten Mauren

Ein Islamfestival Ende Mai erinnert und fördert die Auseinandersetzung in einer heute nicht einfachen Zeit. Noch ist das Programm nicht bekannt, ich bin sehr gespannt.

Eines der Highlights ist der Weg zwischen Escalda und Pulo Do Lobo, eine Wanderung, die am Fluss Guadiana entlang führt, im Sommer bringt duschen im Wasserfall Spaß, Dolen und alte Mühlen säumen den Pfad des „springenden Wolfs“, eine alte Legende:

„Einst lebte in dem Ort Corte Gafo eine wunderschöne Prinzessin. Auf der anderen Flusseite lebte ein armer, wacherer und unerschrockener Bauernjunge, der über die Abgründe und Klippen springen wollte, um seine Geliebte zu sehen. Eines Tages wurde der arme Bursche vom Vater der Prinzessin erwischt. Der drohte ihm, ihn an die Kette zu legen, wenn er ihn noch einmal erwischen sollte. Als der König ihn in Begleitung der Prinzessin erneut erwischte, rief er nach einer Hexe, die einen Fluch verhängte. Der Liebende würde sich in einen Wolf verwandeln, sobald er springen würde.

Der Burche aber konnte nicht aufhören  seine Geliebte zu treffen und übersprang das Wasser in der Gestalt eines Wolfes. Als der Vater der Prinzessin feststellen musste, dass die gemeinsamen Treffen trotz des Fluches. nicht aufhören wollten,  versammelte er seine Männer mit ihren Hunden und verfolgte den Jungrn. Bei der Hetzjagd, als die Prinzessin zusammen mit ihrem Liebsten über den Fluss springen und flüchten wollte, erreichte sie das andere Ufer nicht. Sie stürzte in den Canyon und versank in den wilden Wasserstrudeln des Flusses. Der Junge konnte den Verlust seiner Geliebten nicht verkraften und fiel gleichfalls in den Abgrund, wo er halb Mensch, halb Wolf starb.“

  
Der Weg ist ca. acht Kilometer lang und bei geringer Steigerung leicht zu gehen, Proviant und Wasser sind Voraussetzungen   

Die einsame Landschaft rund um das Städtchen

Der Zufallsfund: Marvao

Das touristische Highlight wenige Kilometer, die sich aber ziehen und ziehen, nördlich von Portualegre, wird vom Baedeker mit wenigen Worten erwähnt. Etwa so: von diesem Castelo bietet sich ein weiter Blick über die Bergkette der Sao Mamede. Man verfolgt einen gemäßigten Tourismus und der Bürgermeister ließt Blumen pflanzen und Blumentöpfe an die Mauern hängen. Die Burgmauer ist noch vollständig erhalten.“

Welches Kleinod sich hinter diesen dürren Worten verbirgt, verrät diese Beschreibung jedenfalls nicht. Wir treten ein in die mittelalterliche Anlage, können im Tourismusbüro Informationen in sechs Sprachen, dieses Mal auch in Deutsch erhalten, und Stromern durch die Gassen, auf dem Weg zum höchsten Punkt. Fast alle Häuser sind „herausgeputzt“ und renoviert. Einige brauchen noch Zuwendung. Schon der Spaziergang durch das Städtchen und der Blick in alle Himmelsrichtungen ist spektakulär. Wir haben das Gefühl bis ans Meer schauen zu können. Fast versäumen wir den Besuch des Castelo, das ganz am Ende, auf der höchsten Spitze tront, weil wir schon soooo viel gesehen haben. Und erleben eine große Überraschung für 2 € pro Nase.

  

 

Impressionen 

Ein gepflegter französischer Garten lädt ein, wir folgen den in Fels geschlagenen Stufen und ein Weiter Burghof öffnet sich. Auch hier ist ein Garten Angelegt, Zitronen und Orangen Fällen von den Bäumen, Kaffee und drei Kitschläden erwarten Besucher(ströme), die heute ausgeblieben sind. Ein paar holländische und französische Gäster verlaufen sich. Wir fühlen uns als Burgherrinnen. Ein stiller Ort der Meditation, der vergessen lässt, wie hart das Leben, auch für die Priveligierten im frühen bis späten Mittelalter war.

  

Der französische Vorburggarten, wie kommt er nur dahin, wer hatte nur diese ist Idee?

Für einen Kaffee wollen wir uns ins „wilde Leben“ des Ortes stürzen. Schließlich finden wir ein kleines Café mit Selfservice und Fernblick. 

Im Tourismusbüro erhalten wir bereitwillig Auskunft darüber, wieviele Besucher im Jahr diesen Ort besuchen. 2014 waren es Ca. 50.000 im Jahr. Verschwindend wenig für einen so schönen Platz. Es sind vor allem die Portugiesen, die ihre Heimat besuchen, dann kommen Spanier, Franzosen und Holländer. Die Deutschen sind ausnahmsweise mal nicht Reiseweltmeister in Portugal.

  

Das Info mit Stadtplan aus dem Touribüro