An der University of North Carolina at Greensboro

Hochschullehrer haben 9 Semesterwochenstunden Lehrverpflichtung, das hört sich gut an. Aber im ersten Studienjahr erfolgt so etwas wie eine Anpassung aller Studierenden an ein einheitlicheres Wissensniveau. Der Stoff entspricht etwas dem, was im letzten Schuljahr des Gymnasiums oder der Gesamtschulen vermittelt wird, so dass die Professorinnen und Professoren sich in diesem Jahr eher als „Lehrer“ verstehen. Die Studierenden belegen Kurse wie Philosophie, Geschichte und andere allgemeinbildende Angebote, bis sie dann im zweiten, oft auch erst im dritten Studienjahr entscheiden, was ihr Hauptstudienfach werden kann. Eine Entscheidung wie bei uns, dass mit dem Studium zugleich eine relativ klare Berufsperspektive verbunden ist, kann so nicht erfolgen. Das heißt auch, viele Studierende wissen noch nicht so recht, was sie mit ihren Studien nach dem Studium anfangen können. Allerdings ist auch das berufliche Leben in den USA sehr viel flexibler und durchlässiger als bei uns und das ist eine große Chance aus dem eigenen Studium und den eigenen Interessen etwas sehr Individuelles aufzubauen, und wenn später neue Interessen hinzutreten oder sich die eigenen Lebensperspektiven verändern, diesen zu folgen. Ein „nathloser“ Lebenslauf, wie in Deutschland noch immer gefordert oder erwünscht, hat hier keine besondere Bedeutung.

Studierende belegen in einem Semester 5 Kurse mit insgesamt 120 Crd., wenn sie im „Lehrplan“, den es so strikt wie bei uns, nicht gibt. Diese Kurse sind wie bei uns mit etwa 3 bis 4 Stunden seminaristischem Unterricht verbunden, ebenso wird eine eigene Vorbereitung auf die „Klassen“ gefordert, wie es heißt. Zentrale Vorlesung gibt es, aber sie spielen eher eine untergeordnetere Rolle. Am Ende stehen überwiegen Ausarbeitungen und schriftliche Examina. Mündliche Prüfungen sind selten, aber das Debattieren lernen, ist ein relevanter Faktor im Studium.

Allerdings müssen auch hier viele Studierende arbeiten, so dass sie überwiegend 3 bis 4 Kurse schaffen und sich ihr BA-Studium von geplanten 3 Jahren häufiger auf mehr als 4 bis 6 Jahre verzögert. Da die Studiengebühren hoch sind, nur wenige Stipendien zur Verfügung stehen, ist die Verschuldung schon zu Beginn der eigenen beruflichen Karriere hoch. In UNCG beträgt die Studiengebühr pro Semester $ 7.000 (enthalten sind Mensakosten, Bustransfer, zum Teil das Wohnen im Studentenwohnheim). Viele Studierende leben aber weiterhin zu hause, weil dies billiger ist.

Das Verhältnis zwischen Hochschullehrern und Studierenden ist ein bisschen anders als in Deutschland. Die amerikanischen Studierenden begegnen ihren Hochschullehrern mit mehr Respekt, kommen scheu zur Sprechstunde und diskutieren ansonsten außerhalb der Kurse wenig mit ihren Professoren. Allerdings laden die 3x3m großen Büros auch nicht gerade ein, in der Hochschule zu arbeiten, so dass die Hochschullehrer dort nur ihre Sprechstunden abhalten. In der Regel wird eine Stunde pro Woche angeboten, vieles läuft aber auch „nach Vereinbarung“.

Jeden Monat wird ein Test geschrieben, den die Hochschullehrer bewerten und der den Studierenden zeigt, wie ihr aktueller Level ist und woran sie noch arbeiten müssen. Ein Kurs ist nicht bestanden, wenn – egal aus welchem Grund – 10 Fehlstunden auftreten oder nur der Level F erreicht wird, was bei uns „nicht bestanden“ bedeutet.

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Die UNCG hat einen auffallend hohen Anteil schwarzer und farbiger Studierender immatrikuliert und liegt mit 30% weit über den sonst landesweit eher üblichen 10%. In Greensboro existiert eine weitere Universität, die überwiegend von Schwarzen besucht wird. Sie stammt aus der Zeit der Rassentrennung und war ursprünglich nur Schwarzen zugänglich.

Da die Studierenden ihre Kurse selbst zusammenstellen müssen und können, gibt es auch keine Stundenpläne in unserem Sinne, sondern die Auswahl erfolgt nach Beratung mit den Lehrenden gleichfalls individuell. Natürlich bestehen Regeln, wie viele und welche Art an Kursen für einen bestimmten Studienabschluss wie Geographie, Soziologie oder anderes zu belegen sind, doch ist die Wahl sehr viel freier als in der Landschaftsarchitektur. Diese Freiheit hat für beide Seiten Vor- wie Nachteile. Studierende, die noch nicht sehr gut „orientiert“ sind, haben damit naturgemäß mehr Probleme.

Der Campus

Die Universität ist in vielen Jahren langsam gewachsen und hat ihren Campus in einem alten „Urwald“, wie Bill sagt, hineinbebaut. Mächtige Bäume, vor allem Eichen, aber auch Ahorn und Maulbeerbäume bestimmen das Bild, obwohl Bill erläutert, dass Vieles verloren gegangen ist. Dicke, alte Bäume mussten fallen, aber auch heute noch ist der Campus grün, schattig und von ausgedehnten Rasenflächen unterbrochen. Der Campus selbst ist nahezu autofrei, viele Studierende fahren hier mit dem Rad oder relaxen auf Bänken. Der Staff nutzt Elektrokarren und fegt rasant um die Ecken. Die Gestaltung ist aufwendig, roter Ziegel bestimmt das Bild der Gebäude und Wege. Alle Flächen sind äußerst gepflegt und für mindesten $ 100 kann jeder Spender einen Stein auf dem Weg der Spenden erwerben, auf dem er oder sie „verewigt“ wird. Das Einwerben von Spenden ist übrigens die Aufgabe jedes Departements, jedes Studienfaches. Wenn Studierendenzahlen zurückgehen oder das Sponsoring nicht ausreicht, steht eine Abteilung auch schnell vor dem Aus. Die deutsche Abteilung hat es gerade geschafft zu bestehen. Ihr Verbleib stand auf der Kippe. Gelernt wird v. a. Spanisch, ein wenig Französisch und Italienisch.

Schatten ist übrigens das A und O in einem Land, in dem im Sommer Temperaturen von mehr als 300 herrschen. Da bleibt man lieber drin bei kühlender Air Condition.

Heute ist es eher kühl und das zum „earth-day“, der Geburtsstunde der Umweltbewegung, den die Studierenden nutzen, um auf dem Campus an Infoständen zu informieren. Von regionalem Essen bis Klimaschutz ist alles dabei. Ein Tag, der in Deutschland keine Beachtung findet. Öko ist doch überall drin.

Und noch eine klitzekleine Beobachtung: alle Raucher dürfen nur in 8 Meter Abstand zu den Gebäuden rauchen, so sieht es die Hochschulordnung vor, damit die anderen unberaucht durch die Eingänge gehen können.

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