Trieste – ein Abschied

Zum Abschied ein Gedicht zum Wiederkommen, auf bald, arreviderchi, oder so ähnlich …

„Ich muss die Borawiedergewinnen

oder hier zugrunde gehen

inmeiner Heimatstadt

in meinem tristen Trieste

in meinem Trieste triste

das ich unmöglich lieben kann

aber auch nicht hassen.

Ferruccio Fölkel

Im Karst

Nach einer kurzen Zeit in Triest und dem Leben in der großen Stadt machen wir einen Ausflug ins „Hinterland“. Ruhe umgibt uns, Steineichenwäldchen, Lichtungen, kein Vieh auf den kleinen Weiden, wenige Weinstöcke, nichts stört die große Ruhe. Die wenigen Bewohner drängen sich in kleinen Dörfchen, sitzen im einzigen Kaffee am Ort. Es ist Sonntag. Schon am frühen Mittag steht der Prosecco neben dem Aperol auf den Tischen und man plaudert, führt den Hund aus, täuscht Zigaretten. Und lieber noch einen Drink.

Wir besuchen die einsame Kirche „Sant. di Monrupino“. Ein Einsiedlerplatz, Kirchlein oben drauf, zwei kleine Wohnhäuser, alles aus dem Karst gehauen. Die Dächer mit schweren Steinplatten gedeckt, kein Hund, keine Katze begrüßen uns, nur das Meer in der Ferne leuchtet heute Türkis. Niemand stapft herum, gut es ist Sonntag und Mittag, da hat die gute italienische Familie anderes zu tun: essen und trinken im Kreis der Familie, Siesta und erst abends beginnt das „pralle“ leben auf den Straßen, in den Cafés und Bars. Es gibt dann 3 Lieblingsgetränke: Prosecco, Aperol Spritz und Weißwein als Schorle mit viel Eis.

Wir kurven noch ein bißchen im Karst herum und landen in Duino, noch einem Schloßkomplex der der italienischen Linie von Thurn und Taxis gehört. Alles ganz nett. Aber wer hat den Deutschen erlaubt in den Schloßfelsen einen Bunker zu graben? 1943, selbstverständlich mit sog. Kriegsgefangenen, um einen erwarteten Angriff der Alliierten abzuwehren? Gezeigt wird „Kriegskunst“, Waffen, Uniformen, schön bunt und die Leistungen der Befehlshaber. Von Toten ist hier nichts zu sehen. Aber: das war ja schon im KZ Risiera di San Sabbo!

Risiera San Sabba – ein Ort der Erinnerung

Die Schrecken des Faschismus hatten auch Italien erfasst als die Deutschen nach Kapitulation Italiens auch hier ihren Feind sehen.

Deutsch-italienische Beziehung – der Mythos einer Achse

Zwischen dem 8. September 1943, der Kapitulation Italiens, und dem 2. Mai 1945, der Kapitulation der deutschen Einheiten in Italien, ermordeten Angehörige der deutschen Wehrmacht, SS und Polizei in Italien rund 11.400 italienische Militärangehörige, 44.720 „Partisanen“ sowie 9.180 weitere Männer, Frauen und Kinder.“ (Fabian Grossekemper, 1. November 2004 | Aktualisiert: 8. Juli 2017)

Und für diese Masaker richteten die Deutschen das Konzentrationslager in Triest ein, heute ein Ort des Gedenkens, der durch seine Umgestaltung die Bedrohung durch seine Architektur zu fassen.

„Die ehemalige Reismühle (italienisch: Risiera) des Triester Ortsteils San Sabba wurde unter der deutschen Besatzung Ende Oktober 1943 in ein Sammel- und Durchgangslager umgewandelt. Hier wurden Geiseln, Partisanen und politische Gefangene sowie auch Juden interniert. Viele der Gefangenen wurden ermordet, nahezu alle anderen deportiert.

1965 wurde die Risiera zum Nationaldenkmal erklärt und 1975 das »Städtische Museum Risiera di San Sabba« gegründet, das inzwischen mehrfach erweitert wurde.

Nach der Kapitulation Italiens vor den Alliierten am 8. September 1943 und dem darauf folgenden Einmarsch der deutschen Wehrmacht gehörte die Region Triest offiziell zur »Italienischen Sozialrepublik«, einem faschistischen Puppenstaat unter deutscher Besatzung. Faktisch war Triest als Hauptstadt der »Operationszone Adriatisches Küstenland« unmittelbar an das Deutsche Reich angegliedert und unterstand der direkten Kontrolle der deutschen Verwaltung.

Nach ihrem Einmarsch im Herbst 1943 richteten die deutschen Besatzer in einer 1913 erbauten Reismühle (italienisch: Risiera) ein Internierungslager für italienische Kriegsgefangene ein. Ende Oktober 1943 wurde sie in ein »Polizeihaftlager« umgewandelt.

Das Lager unterstand innerhalb des SS- und Polizeiapparates der »Sonderabteilung Einsatz R«, dessen Mitglieder 1942/43 entscheidend an der Ermordung polnischer Juden während der »Aktion Reinhardt« beteiligt gewesen waren. Ihr Kommandeur, Christian Wirth, war zuvor als Inspekteur für die Vernichtungslager Belzec, Sobibor und Treblinka verantwortlich. Nach seinem Tod im Mai 1944 übernahm August Allers die Leitung der Einheit, Josef Oberhauser befehligte den für das Lager zuständigen Abschnitt.

In der Risiera wurden Geiseln, Partisanen und politische Gefangene aus Italien, Slowenien und Kroatien interniert. Sie wurden brutal verhört, gefoltert und viele von ihnen ermordet: Zwei- bis dreimal in der Woche fanden Massenexekutionen von 40 bis 70 Personen statt. Die Leichen wurden zunächst im Trockenofen der Reismühle verbrannt, bis im März 1944 ein Krematorium eingerichtet wurde. Tausende Gefangene, unter ihnen auch Juden aus Triest und benachbarten Regionen, wurden von San Sabba aus in andere Konzentrations- oder Vernichtungslager verschleppt.

Am 29. April 1945 wurde das Lager aufgelöst. Um Spuren zu verwischen, sprengte das Personal vor seiner Flucht noch das Krematorium.“ (Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas)

Heute ist nur noch ca. ein Viertel der ehemaligen Vernichtungsanlage zu sehen. 1945, bei der Flucht der Nazis, habe sie versucht ihre Spuren zu vernichten. Mit der Gestaltung der Gedenkstätte ist eine „Basilika unter freiem Himmel“ entstanden, die beeindruckt. Von den 700 Triester Juden haben nur 20 überlebt. Wieviele Partisanen, Politsche, Homosexuelle und willkürlich Internierte wirklich ermordet wurden und wo, ist bis heute unbekannt, denn durch die Sprengung der Anlage durch die Nazis auf der Flucht sind viele Unterlegen über die Vernichtung der Gefangenen verbrannt.

Zwar steht die Existenz des KZ in jedem Reiseführer vermehrt, dennoch besuchen nur ca. 120 000 jedes Jahr diese Städte. Sie ist ein Muss für jeden Triest Besucher.

Bertram Karl Steiner schreibt dazu ein seinem Essay „Österreich im Elysium“: „Und jetzt? Fini? Hat das Wort etwas mit >Finis< zu tun? Ich will es nicht wissen. Aber was kann es besseres geben als ein Kaffeehaus, wo man in Ruhe gelassen wird? Das reinste Elysium, sage ich Ihnen. Oder kennen Sie etwas Besseres? Etwas Schlechteres schon. Kunststück. Kennen Sie die Risiera di San Sabba?“ (aus: Wurster, G. 2009: Triest, eine literarische Einladung, Berlin, S. 80)

El Pedocin und die Lanterna – Baden neben dem Industriehafen? Das soll schön sein

Die alte Badeanstalt ist voller Menschen, auch die links daneben liegende ist voller fröhlicher Menschen. Der Eintritt ist relativ preiswert und auch wir haben unsere Badesachen im Gepäck. Spannend für uns ist zu schauen, ob es die Mauer noch immer gibt, die Frauen und Kinder von den Männern trennt. Ja, sie ist noch da.

Und ein Handtuch am anderen, viele Biere stehen vor schlecht bekleideten Männern, die das Kiosk vor dem Eingang besetzen. Da will Frau ganz bestimmt nicht stören. Und jetzt weht der beißende Geruch von Schweröl oder abgelassenem Altöl in unsere Nasen, das von den Frachtern nebenan wohl gerade entsorgt wird.

Das alles tut dem Badespaß keinen Abbruch. Fröhlicher Lärm, Sonnenölduft kann sich allerdings nicht durchsetzen. Wir verschwinden zurück in die Stadt, nehmen Zitronenlimo. Ich bin schwer enttäuscht, wo ich doch so gern schwimme.