Auf der Reise nach Toulouse schauen wir noch einige der „schönsten Dörfer Frankreichs“ an, hören Klaviermusik auf der Mauer einer runden Markthalle, denn am Abend ist das Abschlusskonzert eines Master Class mit japanischer Professorin.


Drei Tage leben im Luxus einer Wohnung, von der aus das Erkunden von Toulouse mit dem Rad kein Problem ist. Einziger Nachteil: sie liegt in der Einflugschneise des Flughafens und die dürfen hier bis spät in die Nacht starten und landen. Wir können den Passagieren winken, machen das aber nicht, sondern radeln am Fluß oder an der Bahn entlang zum nächsten schönen Platz, zur Markthalle und zu den unbedingt sehenswerten Kirchen und Kathedralen. Davon hat’s hier wieder reichlich.

Fast alle Gebäude sind aus hellen roten Ziegeln, die in der Sonne, die ja hier ohn‘ Unterlaß scheint (ca. 33 Grad, da hilft nur Fahrtwind und ja nicht absteigen) rosa schimmern. Toulouse, eine Stadt ohne Kriegsschäden, in der die Baustile aller Jahrhunderte nebeneinander Platz haben. Von der größten romanischen Kirche Frankreichs (nach Cluny, aber das steht ja nicht mehr) mit 110m Länge bis zum Modernismus der Markthalle aus den 1970er Jahren, alles passt nebeneinander.


Zum Glück gibt es fast überall Bars, Bistros und vor allem Restaurants, die den steten Durst stillen. Ohne Wasserflasche ist Frau bei dieser Hitze aufgeschmissen. Im Convent des Jacobins müssen wir die Taschenmesser an der Pforte abgeben (der Aufseher ist begeistert von unseren Geräten, den wunderschönen laguiole-Messern, die wir u bedingt wieder haben wollen.) Wir treffen zufällig auf einen Experten für den Dom, der uns ungefragt in die Maße einführt und die Kreuzrippen des Palmenfächers des gotischen Gewölbes mit allen Maßen vorführt – ungefragt, spannend, weil er sich eben dafür interessiert und ohnehin gleich neben der Kirche wohnt. Wie oft er das wohl macht?


Toulouse ist eine Fahrradstadt. Es gibt sie: Radwege! Und sie werden fast respektiert, außer man muss unbedingt parken. Am ersten Abend radeln wir zum Essen. Als wir schon fast sitzen, müssen und dürfen wir die Räder mit ins Restaurant nehmen, sonst würden sie gestohlen, ganz schnell. Später stellen wir fest, dass tatsächlich alle Räder, egal wie alt, an irgendeinem Bügel oder einer Stange angekettet sind. Davon gibt’s reichlich, wie gut. Und auch Leihräder sind schwer im Gebrauch, stehen sie doch überall herum und die erste Stunde ist kostenlos.
Und Abends? Natürlich an den Fluss! Bars gibt’s genug, Musik manchmal, auf jeden Fall gelassene Stimmung und etwas kühlere Luft.

Wir „shoppen“ durch die Altstadt. In jeder kleinen Gasse was Lustiges, Grelles, Überflüssiges, Gruseliges zu erwerben und wir kaufen nix. Nur Kaffee, Bier, Wasser und Wein und eben Tapas, Empanadas und saure Fische stehen auf unserem Programm.
Eine tolle Stadt, gelassen, ruhig ist es nicht, aber mit viel Zeit dennoch, auch wenn es geschäftiger zugeht als auf dem Lande, aber das wollten wir ja auch mal wieder einschieben. Und ein richtig breites Bett hat ja auch Mal wieder was, eine Dusche, die erst wieder aufhört, wenn ich sie abstelle und deren Wärme ich selbst einstelle.

Wir träumen vom Wiederkommen, fliegen dauert lang, Umsteigen in Paris, Zug ebenso, aber geht schon ab 70€ eine Fahrt. Noch besser ist es von der Normandie aus … vielleicht, vielleicht. Aber es gibt noch so viel Ungesehenes. Z.B. Lyon, da will ich schon immer mal wieder hin.
Wir verabschieden uns von unserer Vermieterin, der Stadt, dem Schuster, der meine Sandalen gerichtet hat und von jungen blonden Schönheiten aus Polen träumt (mein Blond war ihm nicht schön genug) und fahren ins Corbière an den Canal du Midi zu einem Weinbauern mit dem Gerd jetzt im Keller verschwunden ist und Rotwein probiert.
Ich hingegen sitze im Weinberg bei Gewitter und Regen, die Küche bleibt kalt. Wetterumschwung: von 36 auf 18 Grad, das ist doch mal eine Ansage.

