Der Alltag montags

Selbst die Grundschule gegenüber geht entspannt los. Die ersten Eltern bringen ihre kleinen „schon“ 8.30 Uhr, die meisten gegen Viertel vor neun, aber auch Viertel nach neun kommen noch relativ viele angewetzt und flitzen durch das große Tor. Ob es wohl auch entschleunigten Unterricht gibt? Jedenfalls ist der Schulalltag lang, gegen fünf am Abend steht eine Elterntraube wieder vor der Tür und erwartet ebenso lärmend wie die lieben Kleinen die ihren. Der Spuck ist eine halbe Stunde später vorbei und ruhig steht die Kirche neben der Schule.

Die Elterntraube mit Hund

Bis zu meinem Termin an der Uni habe ich noch einen freien Vormittag, den ich lesend und schlendernd im Städtchen verbringe. Im Café an den Markthallen sitzen mit mir auch schon eine ganze Reie Studies. Es reicht einen Cafe zu bestellen, um lange zu bleiben. Daran halte ich mich nicht.

Und ich genieße den warmen Frühlingstag, ehe es morgen angeblich anfangen soll zu regnen. Heute habe ich den Laden für Aquarellpapier entdeckt, das ist auch schon mal gut, denn auch nach meinem ersten Termin mit Rute steht fest: ich werde weiterhin viel Zeit für mich haben.

Frühling: soweit, so gut

Mit Rute könnte ich vereinbaren, dass ich in Ihrem Masterkurs „mitlaufe“ und das eine oder andere über das deutsche System der Landschaftsplanung und unseren Ansatz der Tourismusplanung berichten darf. Ich werde im Masterstudiengang (derzeit elf Studierende) die Projektvorstellung miterleben, die eine kleinere Kommune und ihre Entwicklungspotenziale „bearbeiten“, wobei derzeit – wenn ich es richtig verstanden habe – erst einmal die Analysephase ansteht. Eine Exkursion in das Planungsgebiet wird mir auch noch „geboten“, sehr spannend. Der erste Termin ist Mittoch, 17.00 Uhr, die Masterstudies machen derzeit gleichzeitig Praxiserfahrung, wie das geht, habe ich noch nicht so recht begriffen. Aber ich weiß jetzt wo die Mensa ist, wie klein die Büros sind, in denen mehr als eine Person arbeiten muss und dass auch Rute ihre Zimmernummer nicht weiß und ich eine falsche hatte.

Außerdem habe ich mit dem ÖPNV eine Stadtrundfahrt gemacht, im Busbahnhof verschiedene Fahrpläne ergattert (was nicht einfach bei einer ziemlich unfreundlichen Dame, die erste übrigens), von dem wiederum superfreundlichen Busfahrer eine Fahrplan für die Stadt bekommen, nachdem ich erst von a nach b geschickt wurde und das Touribüro keine Fahrpläne vorhält. Wie blöde ist das?

 

Aber das Gute ist, dass eine Busfahrt nur eine Euro kostet und man den ganzen Tag mit dem Fahrschein herumgondeln kann, aussteigen, einsteigen aussteigen. Und nicht vergessen zu winken, sonst hält der Bus überhaupt nicht an.

   

Der Treffpunkt der „Alten“ ist die Anschlagtafel mit den Todesanzeigen C.M.E. 

 Nachtrag 1: noch immer keine einzige junge Frau mit einer Kurzhaarfrisur gesehen, beispielgebend? 

 Nachtrag 2: Essen gehen im Restaurant Nr. 3 nach Tripadvisor, das Teil, in dem es keine Karte gibt, sondern nur das, was serviert wird. Da ich nicht in der Lage war eine viertel Portion zu bestellen, habe ich jetzt einen dicken Bauch und eine Tüte voll Essen für die nächsten Tage. Restaurant Nr. 2, auch gleich um die Ecke, hatte heute geschlossene Gesellschaft.

Folgendes ist auf mich eingestürzt:

Entree: scharfe Wurst, gebackenen Käse mit Kräutern und Knoblauch, gebackener Pilz in Olivenöl

Hauptgang: Schwein und Kartoffeln mit Reis und Spinatmus für mindestens fünf Personen

Dessert: Süße Erdbeeren mit Schichtkuchen und Mandelmus

Auch ein Kaffee hat nicht geholfen und Schnaps ist nicht die richtige Alternative, insgesamt 25 Euro, nicht sehr preiswert, aber ich habe noch für zwei Tage Vorrat. So what?

Portugiesischer Sonntag ist kein deutscher

Obwohl ich gegenüber einer großen Kirche wohne, höre ich kein Geläut, weder früh am Morgen noch später. Trotzdem findet ein langer, langer Gottesdienst statt, der mindestens zwei Stunden dauert und pünktlich zum Mittagessen 13.00 Uhr endet. Ich hingegen habe mir sakrale Kunst aus Evora der verschiedensten Jahrhunderte angeschaut „as high as the eye can see“, Sonntags kostenfreie Spiritualität!

toter geht’s nimmermehr, das ist doch wirklich traurig, auch schon im 17. Jahrhundert in Evora

 

Die Fundacion Eugenio de Almeida liegt direkt neben dem Diana-Tempel. Bis dahin habe es jetzt die vielen Touri-Gruppen geschafft, die die Busse zum Sonntagsausflug ausgespuckt haben. Zur Mittagspause sind alle wieder verschwunden und das Gatenkaffee im Diana-Park gehört wieder den portugiesischen Familien. Wieviele Cafe’s da ausgeschent werdn an einem solchen Tag ist eine prima Quizaufgabe. Dort ist er schon recht teuer mit 80 Cent. Am Markt liegt der Preis bei 65 Cent …

Morgens aus dem Küchenfenster Blick in den Sonnenschein
In meinem kleinen Viertel, in dem keine „Fremden“ rumlaufen außer mir, werde ich freundlich gegrüßt. Gern würde „man“ schwatzen, wirklich schade, dass das nicht geht. Als alle helfen, ein entfleuchtes Vögelchen einzufangen, steht eine Autoschlange still und ein beherzter junger Mann zieht kurzerhand sein Shirt aus und wirft es dem Vögelchen über. Dann geht das Leben normal weiter.

Erwachen einer portugiesischen Stadt

Erwachen der Stadt Lissabon, später als andere Städte,

Erwachen der Rua do Ouro,

Erwachen des Rossio, vor den Türen der Kaffeehäuser, 

Erwachen,

Und inmitten von allem der Bahnhof, der Bahnhof, der niemals schläft.

Wie ein Herz, das schlagen muß im Wachen wie im Schlaf. 

Fernando Pessoa: O Lissabon, du meine Heimatstatt, Der Dichter als Flaneur, Álvaro de Campos, Poesia, Poesie, Frankfurt/M., 2009: 71

Erstimpressionen

Nach dem ich die Runde Stadt gestern bei Nacht mit sehr schlechtem Stadtplan (einen besseren gibt es aber nicht zu kaufen) eine Verlaufmich-Odyssee hinter mich gebracht habe, ist bei Sonnenschein alles ganz anders.

Ich schlendere in die Stadt, vorbei an Jahrtausenden, an der römischen Diana, an alten Klostermauern des 13. Jahrhunderts, heute eine angesagte Poussada, gehe unter barocken Arkaden hindurch, bis ich den Laden mit den tausend Bändern wiedergefunden habe. Noch ist das Städtchen ganz ruhig und selbst 9.30 Uhr beschleicht mich das Gefühl, dass alle anderen noch schlafen. Dann stoße ich auf das erste Kaffee und klar, da sind sie alle mit ihren kleinen Tassen in der Hand, schnell noch einen Wachmacher trinkend, ehe sie ganz gemächlich ihren Rundgang beginnen. Viele nur so, weil es draußen wärmer ist als in den alten Häusern ohne Heizung, and,ere mit dicken Taschen für den Wochenendfamilieneinkauf.

Ich finde das Touribüro gleich wieder, weiß jetzt schon wo man Kacheln machen lassen kann, gehe zu den Markthallen und kaufe ein, zum ersten Mal wilden grünen Spargel bei einer alten Dame, natürlich für ungefähr 6 Personen, kleiner geht nicht, treffe eine fahrende Bäckereikommune, die fast deutsches Brot backen. Sie ziehen durch die Welt, backen auf dem Markt, kommen aus Frankreich, einer sogar aus Rouen mit deutscher Mutter. Die Welt ist wirklich klein. In einer Fischhalle erwerbe ich Thunfischsteak für den Sonntag. Nur die einfachen Sachen wie Frischhaltefolie, Gewürze wie Pfeffer und Salz fehlen weiter. Aber das wird schon noch.

Die Köchin hat gutes Olivenöl, das ist die Hauptsache. 

Traversa de Landin


Auf dem Markt und die Einkäufe

Die Fahrt ans Ziel

Den richtigen Bahnsteig zu erwischen ist ebenfalls nicht leicht, wenn man wie wir große, größte Anzeigetafeln gewohnt sind und laute Ansagen, wann, wo welche Züge abfahren. Hier ist alles klein und leise und wie in Frankreich, werden die Gleise erst kurz vor der Ankunft festgelegt. Also versuche ich erst mein Gepäck zu holen, was mir nicht sofort gelingt. Der Automat will mein letztes 2 Euro Stück nicht nehmen, die  drei aber behalten. Ich klopfe mit wenig Hoffnung beim Service und der kommt tatsächlich sogleich. Er kennt den Trick das schon gefressene Geld zu reaktivieren und schnapp, geht die Tür auf. Ich wuchte meine Rucksack auf und stemme den Koffer. nie wieder so viel Zeug. Geschworen!

Dann ist der Bahnsteig endlich ausgezeichnet, der Zug schon da und offen. Ich finde meinen Platz, aber der Koffer passt nicht durch den Gang. Ich lasse ihn zwischen den Sitzen stehen und lehne mich entspannt zurück. Nach einer weiteren Weile „Warten“ schleicht sich der Zug lautlos aus dem Bahnhof, fast unbemerkt. Ich bin überrascht und habe schnell noch mal gefragt, ob ich im richtigen Zug bin. Alles claro.

Evora ist Endstation. Sehr beruhigend. Nach 4.15 Uhr aufstehen und einer Stunde mehr ein wirklich wichtiges Geschenk. Sehe Korkeichenhaine, Orangenbäume leuchten, Kühe und Pferde weit verstreut Weiden, Störche auf Palmen brüten und erste weiße Mandelbäume, die sinkende rot werdende Sonne und komme pünktlich an, werde erwartet und falle fast hinter dem Koffer aus dem Zug.

Sandra, Sofia und ihr Mann sind da. Sie fahren VW, weil es so ein tolles Auto ist, zeigen mir die Stadt und verwirren meine Orientierung. Macht nichts, morgen wird alles besser.

Sie haben für fast alles gesorgt. Nur keinen Weißwein, nur roten… Heizstrahler sind noch nötig, die Temperatur ist seit der letzten Woche um 8 Grad gefallen. Alles klein und überschaubar. Die Mama wohnt in der Nähe, kann aber kein Englisch. Macht nichts, ich kann malen…

In der klitzekleinen Wohnung habe ich schon mal „umgeräumt“, so dass es mehr meins wird. Werde nicht dies und das kaufen müssen. Die Küche wird Gerd nicht wirklich gefallen. Aber der Kühlschrank ist groß! Ein Topf oder zwei, eine Pfanne, zwei Platten, ein neuer Minibackofen, den noch niemand benutzt hat, vier Stühle, aber eine Cleaningwoman… Whow!

Ich stöpsle die Heizungen aus, dann geht der Wasserkocher! Und gehe aus, verlaufe mich, nachts sehen alle Häuser gleich aus und die Stadt ist rund. Ich werde schon wieder nach Hause finden. Erste Bar ein Reinfall, dann das Cafe Estrela d’ouro, ein Goldstück. Inzwischen, 22.00 Uhr, nur noch Studies am Start. Was für ein lustiges Nest.

Übrigens sind die Weingläser eher Badewannen. Morgen brauche ich einen richtigen Stadtplan.

Am Bahnhof Oriente ausgespuckt

Zusammen mit allen Schülerinnen und Schülern von ganz Lissabon hat der Bahnhof mich pünktlich um 13.00 Uhr ausgespuckt und ans Ufer des Tejo gespült. Wie alle andern sitze ich nun völlig entspannt und komplett durchgewärmt in der Mittagssonne. Schon seit mehr als einer Stunde. Ich sehe: Portugal ist ein junges Land, zumindest hier, die Gruppen an Schülern sind groß, alle drängen sich zusammen, möglichst an eine Tisch, plaudern, rauchen – sehr viel – und trinken vorwiegend Bier; gelegentlich auch Café. Gegessen wird portugiesischer Burger, dazu später mehr. Auch die Bänke am Fluss, die bei unserem letzten Besuch der Exkursion noch überwiegend leer waren, heute sind sie alle belegt.

Am fahlblauen Himmel ist kein Wölkchen zu sehen und gelegentlich weht ein kleines kühles Lüftchen Erfrischung herbei. Wir würden sagen Sommerwind, aber die vielen Daunenjacken, die über den Stühlen hängen, widersprechen. Ich höre um mich engagierte Unterhaltung und verstehe kein Wort. Das hat auch was, ich kann vollkommen unbeteiligt bleiben. Im Moment gehört das Ufer, die Esplanade der Jugend. Ältere gehe gediegen Mittagessen in einem „besseren“ Restaurant, das nicht direkt am Ufer liegt. Aber warum auf das Glitzern des Tejo verzichten? Das gegenüberliegende Ufer ist ganz in Weiß getaucht, friedliches Weiß, das vergessen lässt, dass dort industriell gearbeitet wird. Die alten und auch neue Hafenanlagen liegen auf der anderen Seite.

Der Bahnhof Oriente ist ja eine tolle Betonkonstruktion, die mit ihren gigantisch gespannten Bögen schwer Eindruck macht. Die unteren Ebenen mit breiten gekachelten Sitzbänken und kleine versteckten Seitenräumen, die Wichtiges enthalten, verkommen zunehmend. Niemand außer ganz armen Menschen und etwas „raueren“ Jugendlichen und der Polizei will sich dort aufhalten. Nach ca. 20 Minuten Suchen habe ich dann die Schließfächer gefunden, drei Mal fragen und dann kein Kleingeld. Also alles wieder raus, wechseln gehen, wieder rein. Und alles nur weil dieser altmodische Automat weder Scheine noch Karten nimmt. Im modernsten Bahnhof Portugals!    

Die Beobachtung des Nachmittags: alle jungen Frauen und Mädchen tragen ihre Haare lang und hauptsächlich offen. Erst wenn Kinder da sind, ist kürzer erlaubt, zumindest vereinzelt. Elegant glatt, gewellt und gelockt, gefärbt oder nicht – Hauptsache lang. Ich werde das beobachten.

Travessa de Landin das mir, die ich soooo gern mit wenig Gepäck reise. Heute habe ich 23 kg Koffer, der erste, der vom Gepäckband hergegeben wurde und einen gefühlten Zentner Rucksack und eine Tasche, die rote, die auch wiegt, nicht zu knapp. Braucht Frau das wirklich alles?

Aber die angeschlossene Shoppingmall brummt. Auf das Wock-Restaurant habe ich verzichtet, musste unbedingt raus an die Sonne, um mir schon mal heute einen Sonnenbrand zu holen. Nr. 60 steckt tief unten im Koffer. Ich gehe doch in den Schatten, es ist Ebbe und die Strandläufer streiten mit den Möwen um Würmer oder so’n Zeugs.

Es ist gepackt

hoffentlich ist alles drin im Koffer, der für meine Verhältnisse extrem schwer ist. 25 kg und nicht alle Bücher und nicht alles Malpapier kann mit. Aber immerhin die Espresso-Kanne und drei (!!!) Paar Schuhe. Ob ich das wirklich alles brauchen werde, weiß ich noch nicht. Der Koffer ist nicht voll,das ist ja auch kein Ziel.

Und die „Geräte“ haben sich vermehrt. I-Pad, I-Phone, Lautsprecher, tausende Kabel und der Rechner, der Foto, das eine oder andere Ladegerät, die Steckdosenadapter – ist doch unglaublich, dass ich das alles brauchen soll. Dagegen wiegen die fünf Seidenfetzen, die ich zum Anziehen mitnehme, nix.

Langsam nimmt sogar bei mir die Aufregung zu, ob alles so wird, wie ich es mir wünsche und erträume. Morgen früh 4.15 Uhr ist die Nacht zuende, ehe sie richtig begonnen hat. Ein Kurzflug nach Stuttgart, Umstieg und dann noch eine längere Stunde nach Lissabon. Es geht von dort erst 16.50 Uhr mit dem Zug weiter nach Evora. Dort fahren nämlich nur vier Züge täglich hin, zwei morgens und zwei am Nachmittag und frühen Abend. Von meiner Vermieterin Sandra werde ich abgeholt und dann ist der erste Reisetag schon fast vorbei.

Entschleunigung in jeder Hinsicht. 

Die erste Verabredung steht

Ja, jetzt wird es mehr und mehr ernst. Meine Abreise nach Evora rückt immer näher. Eine Wohnung im alten Stadtkern habe ich schon gemietet. Sie hat sogar eine Heizung, was im März wohl nicht schaden kann. Es ist bis April doch noch „kalt“, 7 Grad keine Seltenheit.
Und seit heute ist mein erstes Treffen an der Hochschule fixiert. Moderate 14.30 Uhr am Montag. Das Modul Tourismus startet erst, wenn ich richtig verstehe, nach Ostern. Ich bin sehr gespannt auf den Lehrplan, das Lehrkonzeptes und meine Möglichkeiten daran mitzuwirken.
Und natürlich hoffe ich viel Neues zu sehen und zu lernen …

Bevor es losgeht

richte ich schon mal den Blog ein, damit Angelika immer was zu tun hat.

Denn bald geht es wirklich los. Eine Wohnung gibt es schon mitten in der Altstadt. Sie ist noch ohne Heizung, mal sehen wie das Mitte März wird. Da kann es schon noch kalt sein, bis 7 Grad sinken die Temperaturen des Nachts.

Besuch hat sich auch schon angekündigt. Gerd kommt über Ostern und zum Ende meines Aufenthaltes Ende Mai. Moni und Hans kommen angeflogen, auch Ende Mai, so dass wir dann wieder etwas gemeinsam unternehmen können.

Ich freue mich auf die neuen Herausforderungen und Eindrücke und bin sehr gespannt, wie es an der Uni laufen wird. Wie gut alle Studies Englisch sprechen und was ich zur Lehre beitragen kann, werde ich erst vor Ort erfahren. Ein schöner Ausklang der beruflichen Tätigkeit.

Ich werde berichten.

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